Unterm Strich - Die Kulturwoche

Beim Blick auf die aktuelle US-Hitparade könnte man den Eindruck bekommen, zumindest einige der Titel unter den ersten zehn seien ein Kommentar zum derzeitigen Präsidentschaftswahlkampf, der - auf Seiten der Republikaner - zum Absurdesten gehört, das die GOP, die Grand Old Party, wie sich Amerikas Rechte trotz ihres momentanen Zerfallsprozesses immer noch gern nennt, derzeit präsentiert. Da steht auf Platz 1 der Titel "Cheap Thrills" (etwa "billiger Nervenkitzel"), den "the Donald" vor allem seinen Gegnern fast tagtäglich beschert.

Sollten sich seine Anhänger tatsächlich für den mittlerweile außer Kontrolle geratenen Irren als Präsidenten entscheiden, wäre das für sie ein todesmutiger Sprung ins "Cold Water", wie ihn Justin Bieber auf Platz 2 besingt. "Don't let me down" ("Lasst mich nicht im Stich") beschwören dagegen, Hillary Clinton aus der Seele singend, "The Chainsmokers" samt Daya, die auf dem sechsten Platz von den Kettenrauchern unterstützt wird. "Can't stop the feeling", das Justin Timberlake in dieser Woche auf Platz 5 behauptet, können freilich sowohl die einen als auch die anderen für sich in Anspruch nehmen, denn deren jeweilige Gefühle für ihren Kandidaten sollten ja auch noch möglichst lange vorhalten. In die Zukunft einer eventuellen Trump-Präsidentschaft blickt bangen Blickes Rihanna, die auf Platz 4 fragt "This is what you came for" - etwa "Deswegen hast du diesen ganzen Müll hier angehäuft?" Bleibt zu hoffen, dass Drake mit WizKid & Kyla recht behalten werden. Sie besingen auf dem dritten Platz "One Dance" - und nach diesem einmaligen Tanz ab in die Kiste mit dem ungeliebten Rep-Kandidaten auf Nimmerwiedersehen. Damit aus der GOP nicht endgültig die "Ghosts of Perdition" werden - die Geister des Untergangs. Während Donald Trump sich inzwischen auch bei Müttern mit Babys unbeliebt gemacht hat, weil er sich von einem weinenden Säugling auf einer seiner Wahlveranstaltungen in seiner Allprächtigkeit gestört fühlte, beschreitet man in Mannheim ganz andere Wege: Das Kinder- und Jugendtheater Schnawwl der Quadratestadt bietet Stücke ausdrücklich für Babys an. Das sieht dann etwa so aus: Eine Melodie erfüllt einen mit bunten Tüchern ausgehängten Raum. Über den Boden krabbeln Babys, vorbei an einem Mann am Cello und einer Frau mit Tenorblockflöte. Ein Säugling bleibt an einem Glockenspiel sitzen, greift sich einen Schlägel und erzeugt Töne. Eine Tänzerin wirbelt durch den Raum, stellt sich vor die Kleinen und imitiert deren Bewegungen und Laute. Manche sind noch nicht mobil und betrachten das Geschehen vom Schoß der Eltern aus, die es sich auf bunten Kissen gemütlich gemacht haben. Sie alle sind Teil des Baby-Tanz-Festes, eines Mannheimer Theaterstücks für Kinder zwischen acht Wochen und einem Jahr. Nebenbei bemerkt: Klassikkonzerte für Babys sind im Gegensatz zu Theatervorstellungen in Deutschland schon weiter verbreitet. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz bietet unter dem Motto "Große Musik für kleine Ohren" sogenannte Krabbelkonzerte an. Hier können bereits die Allerkleinsten mitkommen - und dürfen auch ruhig einschlafen. Denn im Gegensatz zum erwachsenen Sitznachbarn im Konzertsaal schnarchen sie ja nicht. "Im Kollegenkreis schauen sie uns immer an, als wären wir von allen guten Geistern verlassen", gesteht Intendantin Andrea Gronemeyer, die das Baby-Tanz-Fest ins Leben gerufen hat. Sie selbst hält ihnen dann entgegen, dass das Fest ein "ästhetischen Ereignis" für die Babys und deren Eltern sei und dass bei den Aufführungen immer "solch eine geballte Liebe im Raum" sei. Wenn ein Kind mal weine, dann höchstens, "weil es zahne". Und so viele Zähne kriegt man während einer Theateraufführung schließlich auch nicht, dass man sie deswegen gleich ganz streichen müsste. Die Vorführungen scheinen jedenfalls auf das Wohlwollen der Kleinsten samt ihren Erziehungsberechtigten zu stoßen: Das Baby-Tanz-Fest wurde bereits mehr als 100 Mal gegeben. Noch einen Schritt weiter mit der Verbreitung von Kultur gehen die Spanier: Dort dürfen jetzt sogar Hunde ins Kino. Anlässlich der Premiere des amerikanischen Computeranimationsfilms "Pets" (Haustiere) können Herrchen und Frauchen am Freitag in einem Saal des Betreibers Cinesa in Madrid ihre vierbeinigen Lieblinge mitnehmen. In der Komödie, die in Spanien unter dem Titel "Mascotas" läuft, geht es um die wilden Abenteuer von Haustieren in einem Wohnhaus in Manhattan. In Deutschland, wo unter anderem Jan Josef Liefers und Dietmar Bär die Hundestimmen synchronisierten, ist "Pets" bereits angelaufen (TV vom 4. August). Laut der Zeitung El País ist es das erste Mal weltweit, dass Dackel, Boxer, Doggen und ihre Artgenossen Eintritt in ein Lichtspieltheater erhalten. Bleibt nur zu hoffen, dass die Vierbeiner nicht - wie ihre menschlichen Mitzuschauer - dauernd ins Foyer rennen, um für Nachschub bei Popcorn und Cola zu sorgen. no/dpa

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