Verbeugung auf Augenhöhe

Luxemburg · Wenn sich die besten Zigeunerjazzer der Welt, ein begnadeter Arrangeur und ein Cannes-palmengekrönter Regisseur zusammentun, um dem Gitarrengott Django Reinhardt eine Hommage zu widmen - dann kann so ein denkwürdiger Abend entstehen, wie ihn das Grand Théâtre Luxemburg am Mittwoch erlebte.

Django Reinhardt (1910-1953) war eine der größten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Genialer Gitarrist, "Erfinder" des Gypsy-Jazz, Enfant terrible mit notorischer Neigung zur Unzuverlässigkeit, Lebenskünstler, mal vom Schicksal gebeutelt, mal auf die größten Bühnen der Welt gespült. Einer, der bis heute als Maßstab für eine ganze Kunstrichtung steht, wie Maria Callas, Picasso oder Bertolt Brecht.

Der Filmemacher Tony Gatlif hat sich mit dem Jazzgeiger und Arrangeur Didier Lockwood zusammengetan, um Reinhardt zum 100. Geburtstag eine Hommage zu widmen. Gatlif erweckt Bilder aus längst vergangenen Zeiten zum Leben, verleiht ihnen mit technischer Raffinesse Raum und Tiefe, zelebriert sie als kunstvolle Diashow. Sie dokumentieren nicht nur Reinhardts Karriere, sie dringen immer tiefer ein in die Geschichte seines Volkes, der Sinti und Roma - ohne die Musik zu überdecken.

Dazu liefert Lockwood Arrangements von edler Eleganz und verblüffender Eigenständigkeit, obwohl sie überwiegend aus Reinhardt-Klassikern bestehen. Kein glattes Revivalkonzert, eher eine Verbeugung auf Augenhöhe. Aber dafür braucht es schon Meistervirtuosen vom Schlag eines Bireli Lagrene oder Stochelo Rosenberg. Lagrene, einst mit 13 Jahren schon als legitimer Reinhardt-Erbe gefeiert und in Deutschland als Gitarren-Wunderkind herumgereicht, ist inzwischen 45, also älter als sein Vorbild jemals wurde. Und mit seiner breiten Jazzerfahrung ist er musikalisch weiter, als es Reinhardt je sein konnte.

Rundherum spielen elf weitere große Musiker mit dem Rhythmusgitarristen Hono Winterstein, der Geigerin Fiona Monbet, dem Akkordeonisten Emy Dragoi und Florin Gugulica (Klarinette) an der Spitze. Gesang und Tanz werden sparsam, aber effektvoll eingesetzt. Am Ende ein fantastischer "Bolero", der den Bogen von Ravel über Reinhardt bis Lockwood schlägt. Und dann anhaltender Jubel. DiL

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