Aufgeschlagen - Neue Bücher: Karen Duve – Sisi Verehrt, geliebt und gehasst

So ist der neue Roman „Sisi“ von Karen Duve.

Das Cover des Buches „Sisi“ von Autorin Karen Duve. Ihrneuer Roman widmet sich einer Kultfigur des 19. Jahrhunderts.

Das Cover des Buches „Sisi“ von Autorin Karen Duve. Ihrneuer Roman widmet sich einer Kultfigur des 19. Jahrhunderts.

Foto: picture alliance/dpa/Galiani Berlin

Sisi allerorten. Die Kaiserin von Österreich-Ungarn beherrscht den Kultursektor wie kaum eine andere historische Gestalt. Neben zahlreichen Filmen existieren auch viele Bücher über die schöne Herrscherin. Jetzt schließt sich Karen Duve mit ihrem Sisi-Roman an. Eigentlich wollte sie nach ihrem 600 Seiten dicken Wälzer über Annette von Droste-Hülshoff ein kurzes Buch über Pferde schreiben. Da stieß sie bei ihren Recherchen auf die im 19. Jh. angeblich beste Reiterin der Welt: Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn.  Ein schmales Bändchen über Pferde hat Duve allerdings nicht geschrieben, dafür aber ein rund 400 Seiten umfassendes Werk über besagte Sisi. Fast vier Jahre hat die Autorin Tagebücher, Erinnerungen, Briefe, Sachbücher und Belletristik zusammengetragen, gelesen und intensiv studiert. Aber wie wird in Duves Opus magnum die Kaiserin überhaupt dargestellt? Häufig bedient sie sich der Tagebuch-Aufzeichnungen der glühenden Sisi-Verehrerin Gräfin Festetics. Diese Hofdame opfert sich geradezu auf, indem sie ihr eigenes Leben ganz der Kaiserin widmet.

Die erarbeiteten „Lesarten“ über das Verhalten Sisis würzt Duve ständig mit ihrer eigenen, sehr ironischen Sichtweise.  Der Roman spielt großteils in England und Ungarn, aber auch am Starnberger See, wo die 38-jährige Sisi ihre Eltern und Geschwister besucht. Sie entflieht der Enge des Wiener Hofes und ihrem Gatten, so oft es geht, und kümmert sich – um Pferde.

Aber Sisi versucht sich nicht nur von Kaiser Franz Joseph zu emanzipieren. Sie übt auch ihre ureigene Machtpolitik aus, verheiratet selbst nächste Verwandte nach kaiserlichem Gutdünken. Ob sie – wie Franz Joseph – ihrerseits Affären hat, lässt Duve in der Schwebe. Die Widersprüchlichkeit der Kaiserin wird bei ihrer Art der Darstellung mehr als deutlich!

Fazit: Der Roman fügt einer historischen Figur, von der durch hohe Präsenz in allen Kultursparten fast alle Charakterzüge bekannt zu sein scheinen, durch Duves ironisierende Schreibart neue Komponenten hinzu. Die Lektüre bringt so umfangreichen Zugewinn.

Jörg Lehn

Karen Duve: Sisi. Roman, Verlag Galiani Berlin, 416 Seiten, 26 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort