Verjazzter Bach

TRIER. (ae) Mit anspruchsvollen Projektionen Bachscher Musik in die Sprache des modernen Jazz begeisterte das Trio um den Jazzpianisten Helmut Lörscher im Kurfürstlichen Palais 150 Jazz- und Klassikfreunde gleichermaßen. Das erlesene Konzert, veranstaltet in Kooperation mit dem Jazzclub Eurocore, bildete den ungewöhnlichen Auftakt zur neuen Saison des Trierer Konzertchores.

 Bernd Heitzler spielt den Bass im Kurfürstlichen Palais virtuos. TV-Foto: Anke Emmerling

Bernd Heitzler spielt den Bass im Kurfürstlichen Palais virtuos. TV-Foto: Anke Emmerling

Ein Jazzkonzert zum Auftakt einer Kammermusikreihe? Auf den ersten Blick vielleicht etwas ungewöhnlich, auf den zweiten aber passend. Nicht nur, weil mit Helmut Lörscher, Professor an der Musikhochschule Freiburg und bekanntem Piano-Virtuosen mit parodistischem Talent ein ehemaliges Mitglied des Trierer Konzertchores auf der Bühne steht. Sondern vor allem, weil die Kompositionen, die er mit seinen herausragenden Mitmusikern Bernd Heitzler (Bass) und Harald Rüschenbaum (Drums) präsentiert, den Blick dafür öffnen, dass barocke Kontrapunktik und moderner Jazz ganz nah beieinander liegen. Jedenfalls, wenn man es wie Lörscher schafft, die Genialität der Musik Johann Sebastian Bachs in ihrem Mix aus melodischen Linien, strenger Ordnung und freier Improvisation in die Neuzeit zu projizieren. Dabei entstehen Klangerlebnisse wie zum Beispiel "Fahrstuhl zur Gavotte", aus über weite Stecken streng strukturierter Melodik, die dann aber in einen rasanten Lauf feuriger Improvisation mündet. Oder eine spielerische Umsetzung der Musette aus dem Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach, das mit leichtfüßig über die Tasten des Flügels hüpfendem pointierten Grundthema und humorvoller Improvisation daherkommt. Die drei Virtuosen bieten jede Menge Überraschungen, zum Beispiel den Jazz-Standard "All the things you are", umgebaut zur vierstimmigen Fuge oder das Latin-Stück "Avallone" als Kanon der großen Septime. Nach dem furiosen Konzertende mit einer 90 Sekunden-Kurzfassung des Schlusssatzes aus J.S. Bachs Orchestersuite h-moll, hat Lörscher noch ein besonderes Bonbon: Er setzt ganz spontan das Handballergebnis 32 zu 31 (Terz, Sekund, Terz...) in D-Dur für Deutschland und -Moll für Frankreich als barocke Fuge um. Klasse!

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