Verrückte Typen sind sein Ding

Trier · Fußballspieler oder Schauspieler - das waren die Berufswünsche von Daniel Kröhnert als Kind. Am Theater Trier hat der 27-Jährige bewiesen, dass er die richtige Wahl getroffen hat. Sein "Werther" und sein "Tschick" waren Publikumsrenner. Nun heißt es Abschied nehmen. In der TV-Serie "Tschüss, Theater Trier" erzählt er über seine schlimmste Premiere und verrät, welche Charaktere er besonders gerne verkörpert.

Trier. Er liebt die Arbeit im Ensemble, die schrägen Typen, die Nähe zum Publikum und - den Fußball. Beide Leidenschaften konnte Daniel Kröhnert an der Mosel ausleben - auf der Theaterbühne und im Tor von Eintracht Trier II. Von beidem hat er sich nun verabschiedet.
Der neue Intendant hat seinen Vertrag nicht verlängert, und die Eintracht hat ihre zweite Mannschaft aufgelöst. Der Neuanfang wird für den 27-Jährigen, der im August 2011 in Trier begann, nicht einfach werden. Mit TV-Redaktionsmitglied Mechthild Schneiders hat er über die Freude am Schauspiel, das Abschiednehmen und seine ungewisse Zukunft gesprochen.Tschüss, Theater Trier!


Was werden Sie am Theater Trier vermissen?
Daniel Kröhnert: Ich werde es vermissen, an einem Theater und mit dem Ensemble zu arbeiten und Texte zu lernen. Wir hatten vier Stunden Mittagspause. Das fand ich super - seltsamerweise. Denn viele Freunde hatten dann keine Zeit für gemeinsame Aktivitäten. Aber ich fand es angenehm, ich konnte zur Ruhe kommen, ganz entspannt essen, und im Sommer konnte man gut rausgehen.
Sicherlich werde ich einige Kollegen vermissen. Noch habe ich aber das Gefühl, ich gehe in die Sommerpause. Dabei werde ich im nächsten halben Jahr vermutlich nicht an einem Theater arbeiten.

Was wird Ihre schönste Erinnerung an die Zeit in Trier sein?
Kröhnert: Ganz aktuell: der lang anhaltende Applaus beim Abschiedsfest. Das hat mich sehr gerührt und bewegt. Da habe ich erst realisiert, dass ich das letzte Mal in Trier auf der Bühne stehe.
Ich fand es auch schön, dass ich hier Musicals spielen und singen durfte. Erste Erfahrungen konnte ich in "Hair" und "Der Mann von la Mancha" sammeln. In "Othello reloaded" hatte ich sogar als Roderigo eine größere Nebenrolle.

Was war Ihre Lieblingsrolle in Ihrer Trierer Zeit?
Kröhnert: Der Andrej Tschichatschow alias "Tschick" - das war einsame Spitze! Bei dem Stück hat alles gestimmt: Die Arbeit mit Regisseur Alexander Ourth, Regieassistentin Rosa Räderscheidt und dem Kollegen Marvin Rehbock war wunderbar.
Marvin und ich sind zu zweit in eine andere Welt eingetaucht. Wir haben immer wieder aufs Neue diese Reise unternommen. Alex hat uns viel Freiheit gelassen. Er hat gesagt, wir sollen frei und frisch an die Sache rangehen und sehen, was passiert. Es war schön, diese Freiheit zu haben.

Welche anderen Rollen haben Sie geprägt?
Kröhnert: Viel bedeutet hat mir auch der Richard in "Der kalte Kuss von warmem Bier". Das war meine schlimmste Premiere. Danach wollte ich nur noch weggehen; ich hatte den Wunsch nachzudenken. Aber meine Familie hatte zugesehen und auf mich gewartet.
Wichtig für mich war auch der Werther - der ging mir ziemlich nahe. Ich bin ein Schauspieler, der eine Rolle sehr nahe an sich heranlässt. Dieses Klassenzimmerstück habe ich sehr gerne gespielt. Ich war erst einmal skeptisch, weil es nicht auf Action abzielt. Aber die meisten Schüler waren sehr aufmerksam, das Feedback war sehr positiv.
Besonders viel Spaß haben mir die ganz abgedrehten Rollen gemacht. Aber es gibt kein Stück, keine Rolle, die ich nicht gerne gespielt habe. Ich habe in jeder meine Freude gefunden. Ich weiß nun, dass ich jede Rolle zu meiner eigenen machen kann.

Wie haben Sie Ihre Abschiedsspielzeit erlebt?
Kröhnert: Als wir kurz vor dem Ende der letzten Spielzeit erfahren haben, dass wir nicht bleiben dürfen, habe ich angefangen, mich von der Stadt zu verabschieden. Das habe ich ganz bewusst genossen. Auf der Schauspielschule hatte ich mir viele Gedanken darüber gemacht, dass ich ein Engagement an einem Theater finde. Das mache ich jetzt nicht mehr. Ich weiß nun um meine Berechtigung als Schauspieler. Die Nominierung zur "Theatermaske" hat mir gutgetan. Das war eine Bestätigung des Publikums.
Die vergangenen Monate waren schwierig, sie haben mich emotional berührt: besonders das Abschiedsfest und zum letzten Mal in "Der Mann von la Mancha" auf der großen Bühne zu stehen.

Wie geht es für Sie jetzt beruflich weiter?
Kröhnert: Es ist noch nicht hundertprozentig geklärt, wie es weitergeht. Vielleicht in Hamburg oder Berlin, dort gibt es viele Möglichkeiten. Das wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. mehiExtra

Daniel Kröhnert (Jahrgang 1987) stammt aus Filderstadt bei Stuttgart und wuchs in einer Künstlerfamilie auf - sein Vater ist Kabarettist Reiner Kröhnert. Daniel Kröhnert besuchte die Schauspielschule in Mainz. Vor seinem Engagement am Theater Trier in der Spielzeit 2011/12 war er ein halbes Jahr an der Landesbühne Bruchsal. An der Mosel war er neben seinem Theaterjob auch Torwart bei Eintracht Trier II. In Trier übernahm er die Rolle des Leonce in "Leonce und Lena", die des Lysander in "Ein Sommernachtstraum" und des Mortimer in "Maria Stuart". Im Studio spielte er unter anderem den Soldaten Richard in "Der kalte Kuss von warmem Bier", Mark Dolson in "Der Priestermacher" sowie "Tschick" im gleichnamigen Stück von Wolfgang Herrndorf. Zudem war er im Rockspektakel "Othello reloaded" als Roderigo und im Klassenzimmerstück "Die Leiden des jungen Werther" zu sehen. 2014 nominierte ihn das Publikum unter anderem für den Werther für den Kulturpreis "Theatermaske". mehi

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