Vinyl der Woche: American Pie – Don McLean Der Zeitungsjunge

Serie · Im Februar 1959 starb die Musik. Sagt zumindest Don McLean. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, über jenen traurigen Tag seinen erfolgreichsten Song zu schreiben. So tot kann die Musik also nicht sein, oder?

 American Pie von Don McLean

American Pie von Don McLean

Foto: Simply Vin

New Rochelle, New York. Februar 1959. Der 13-jährige Donald legt in seiner Heimatstadt Zeitungen zusammen, die er später austragen wird. Er wirft einen Blick auf die Titelseite. Schock. Buddy Holly sei bei einem Flugzeugabsturz gestorben, steht da. Mit 22 Jahren. Auch die Musiker Ritchie Valens und The Big Bopper kommen ums Leben. Für den jungen Donald, großer Holly-Fan, ist dieser Tag eine persönliche Tragödie. Wie damit umgehen? Sicher müssen viele Jugendliche aufgrund der Tragödie ebenso traurig sein. Doch Donald überschätzt seine Altersgenossen. Als er in die Schule geht und schockiert vom Absturz berichtet, sagen seine Mitschüler nur: „Na und?“

Jahrelang trägt Donald diese Trauer mit sich herum. Bis ins Jahr 1971. Denn da verarbeitete er sie im Song American Pie und wird damit als Don McLean berühmt (und reich, aber dazu später mehr). Dieser Tag, an dem der kleine Donald Zeitungen zusammenlegte und der junge Buddy ums Leben kam, trägt ab sofort einen anderen Namen: The day, the music died.

Vor 50 Jahren erreichte American Pie Platz eins der US-Charts. Dabei will Don McLean damals eigentlich einen Song über die Politik in den Staaten schreiben. Als er jedoch an seiner Gitarre herumspielt, beginnt er plötzlich etwas über den Buddy-Holly-Flugzeugabsturz zu singen. Tief in ihm beschäftigt McLean diese Tragödie noch immer. Er summt vor sich hin: Long, long time ago, I can still remember how that music used to make me smile.

Uff. Wo kam diese geniale Zeile her, denkt sich McLean. Doch keine Zeit nachzudenken. Zack! Da ist die nächste: The day, the music died. Welch‘ eine grandiose Idee. Doch Don denkt nach.

Die Zeilen klingen nach Trauer. Noch ein langsamer Song auf dem Album? Funktioniert nicht. Er muss es schneller spielen. Daraus entsteht der temporeiche und etwas verrückte Refrain rund um: Drove my Chevy to the levee, but the levee was dry. And them good old boys were drinkin‘ whiskey and rye. Singin‘ ‚This‘ll be the day that I die.‘

Etwa einen Monat später schreibt Don McLean die restlichen fünf Strophen. Die Geschichte: Ein Traum. Persönliche Erinnerungen, in die Jahre später Musikkritiker einen Sinn hereininterpretieren sollten. Und zu deren Sinn Don McLean bis heute immer wieder befragt wird. Bis auf einige Ausnahmen lässt er die Zeilen jedoch offen. Jeder soll sie für sich selbst interpretieren.

Nur an einigen Stellen sind sich viele Experten einig. So zum Beispiel bei When the jester sang for the king and queen in a coat he borrowed from James Dean. Der Jester meint wohl Bob Dylan, der King zweifelsfrei Elvis Presley und die Queen Connie Francis. Oder bei I met a girl who sang the blues and I asked her for some happy news, but she just smiled and turned away – die bluessingende Frau ist Janis Joplin, die 1970 an einer Drogenüberdosis starb.

8:32 Minuten dauert der Song in seiner finalen Version. Zu lang für die Radiostationen. Dennoch schafft es American Pie an die Spitze der Charts – und bleibt über Jahrzehnte der längste Song, der das erreicht. Bis Taylor Swift im Jahr 2021 einen neuen Rekord aufstellt. Dass American Pie noch ein zweites Mal die Spitzenposition erreichte, möchte ich hier nicht weiter ausführen. Das verdient die verschandelte Coverversion nicht. Sorry, Madonna.

Als Don McLean 2001 wieder einmal gefragt wird, was der Song für ihn bedeutet, antwortet er schlagfertig: „Er bedeutete, nie wieder arbeiten zu müssen.“

In der Kolumne „Vinyl der Woche“ stellt der Trierische Volksfreund wöchentlich eine Schallplatte vor – von Neuerscheinungen, über besondere Alben bis hin zu Klassikern. Alle Serienteile finden Sie hier.

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