Vinyl der Woche: Crush – Bon Jovi Bon Jovi, oder: Wie die Zeit vergeht

Serie · Eigentlich war es um die Jahrtausendwende ruhig um Bon Jovi. Doch dann eroberte die Band mit Crush wieder einmal die Spitze der Albencharts. Blickt man heute auf das Album, seine wichtigste Single und zwei zugehörige Videos, dann wird deutlich, wie viel sich in 20 Jahren ändern kann.

 Crush von Bon Jovi

Crush von Bon Jovi

Foto: Band

Ohne jeden Zweifel: In den vergangenen 20 Jahren hat sich viel verändert. Beispiel gefällig? Hier haben Sie es: Vor 20 Jahren zierte Crush von Bon Jovi die Spitze der deutschen Albumcharts. Ein genauerer Blick auf das Album, seine wichtigste Single und zwei zu ihr gehörende Videos zeigt, wie schnell die Zeit vergeht.

Um die Jahrtausendwende herum ist es still um Bon Jovi. Seit dem letzten Album These Days sind fünf Jahre vergangen. Die beiden Köpfe der Band, Jon Bon Jovi (oder wie er bürgerlich, aber weniger bandnamentüchtig heißt John Francis Bongiovi jr.) und Richie Sambora konzentrieren sich auf ihre Soloprojekte. Bei Sänger Jon Bon Jovi funktioniert das – kommerziell gesehen – auch recht gut, sein Album Destination Anywhere (1997) wird ein Erfolg. Doch Stimmen kommen auf, Bon Jovi hätte an Schwung verloren.

Vorwürfe, die eine der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten nicht auf sich sitzen lassen kann. Die Einzelkämpfer finden wieder zusammen und produzieren mit Crush das in Verkaufszahlen zweiterfolgreichste (nach Slippery When Wet, 1986) Album der Bandgeschichte. Bon Jovi katapultieren sich zurück an die Spitze.

Wo wir beim Thema Katapult sind: Natürlich ist es der Einstiegssong, der den Hörer sofort ins Album schleudert: It’s My Life. Auch wenn Crush mit beispielsweise Say It Isn’t So und Thank You for Loving Me weitere erstklassige Songs enthält, konzentrieren wir uns hier auf It’s My Life.

An diesem Punkt kommen wir auf die am Anfang des Textes angedeuteten Veränderungen innerhalb der vergangenen Jahre zu sprechen. Denn auch wenn es „nur“ 20 Lenzen alt ist: Das Musikvideo zum Song mag für heutige Teenager wie aus einem anderen Zeitalter erscheinen.

Da sitzt der pubertäre Tommi an seinem kastenartigen PC mit Bildschirm, der heute höchstens als mittelgroßes Tablet durchgehen würde und erhält einen Anruf von seiner Freundin, deren Klapphandy doch tatsächlich eine Antenne hat. Sie sagt ihm, dass er das Konzert verpasse, er rennt durch Los Angeles, kommt pünktlich zum Ende von It’s My Life beim Konzert an. Warum ein Teenager, dessen Zimmer mit Bon-Jovi-Postern zugekleistert ist, ein Konzert seiner Lieblingsband in der eigenen Stadt verpasst, bleibt ein Geheimnis.

Sei’s drum. Dieses Video ist nicht das einzige, das den Zahn der Zeit zeigt. In der Corona-Krise haben Bon Jovi den Song als Akustik-Version auf YouTube neu aufgenommen. Besonders Jon Bon Jovi ist merklich gealtert. Die Haarlänge ist zwar gleich geblieben, die Farbe hat sich allerdings in ein fast weißes Grau verändert. Gut, der Mann ist auch sein Leben lang Rockstar und fast 60. Dennoch: Einen gealterten Jon Bon Jovi die Zeile „I ain’t gonna live forever“ (“Ich werde nicht für immer leben“) singen zu hören – das packt.

Womit wir beim letzten Zeitvergehens-Indiz wären: Vergleicht man diese gealterte Jon-Version mit der auf dem Plattencover, dann wird der Sinn des Titelsongs („Es ist mein Leben, jetzt oder nie“) umso deutlicher.

In der Kolumne „Vinyl der Woche“ bespricht der Trierische Volksfreund wöchentlich eine Schallplatte, von Klassikern über Neuerscheinungen bis zu besonderen Alben. Alle Serienteile gibt es unter volksfreund.de/vinyl

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