Vinyl der Woche: Do you really want to hurt me? – Culture Club Nur Mut, Boy!

Serie · Fast hätte sich Boy George gegen die Veröffentlichung von „Do you really want to hurt me?“ ausgesprochen. Fast wäre ihm der Song zu persönlich gewesen. Fast hätte er damit die Karriere von Culture Club beendet.

 Do you really want to hurt me? – Culture Club

Do you really want to hurt me? – Culture Club

Foto: Virgin Records

Die Erfolgsgeschichte von Culture Club hätte bereits enden können, bevor sie begonnen hatte. Auch wenn es Musikliebhaber gibt, die das – sagen wir es nett – nicht schlimm gefunden hätten: Vor exakt 40 Jahren steht Boy George vor einer Wahl, die darüber entscheiden wird, in welche Richtung seine Karriere und die seiner Band verlaufen wird.

Denn Culture Club scheitern Anfang der Achtziger zunächst krachend. Die ersten beiden Singles floppen (und hier muss man sagen: zurecht). Doch es gibt einen Song, den Boy George schreibt. Tiefgründig, persönlich, verletzlich. Do you really want to hurt me? Eines seiner besten Werke, dessen Veröffentlichung George konsequent ablehnt. Offiziell begründet er das damit, dass die Single nicht zur Band passen würde. Sie sei keine Clubmusik. Viele Jahre lang hält sich ein Gerücht, das Boy George später bestätigt: Im Song thematisiert er die Affäre zwischen ihm und Schlagzeuger Jon Moss. Sechs Jahre lang liebten sich die beiden – ohne Chance, es öffentlich zu machen. George ist der Song also zu persönlich. Er droht damals sogar damit, die Band zu verlassen. Schließlich willigt er jedoch ein, weil er erkennt, dass Do you really want to hurt me? die letzte Chance von Culture Club ist.

Es hätte wohl nichts gegeben, das Boy George hätte verlassen können, wäre auch dieser Song gefloppt. Aber: Alles kommt anders. Die Single erreicht in 23 Ländern Platz eins der Charts. Ein wichtiger Teil des Erfolges: Der Song schafft es ins US-amerikanische Pop-Radio. Dorthin, wo keiner erkennt, dass sich Boy George auf der Bühne wie eine Frau kleidet. Böse Zungen würden aber auch sagen: Dorthin, wo seichte 08/15-Musik eine sichere Bank ist, was Erfolg angeht.

Denn Do you really want to hurt me? sieht sich auch mit starker Kritik verbunden. So nennt das britische Musikmagazin „Smash Hits“ den Song „viertklassigen Reggae“. Diese Einflüsse stammen übrigens vom Bassisten Mikey Craig, der seine jamaikanischen Wurzeln in den Sound der Band einfließen lässt. Aber im Endeffekt: alles egal. Es hat funktioniert. Und eines kann man Boy George nicht absprechen: Mut.

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