Vinyl der Woche: Ja als ob – ITCHY Funktioniert Itchy auf Deutsch? Und ob!

Eislingen · Eine Band singt zwei Jahrzehnte lang auf Englisch und dann plötzlich auf Deutsch. Kann das gutgehen? Ja, es kann – und es geht bei Itchy besonders gut. In der Serie Vinyl der Woche geht es diesmal darum, wie das Album Ja als ob die Band in die Königsklasse des deutschsprachigen Punk-Rocks katapultiert.

 Itchy - Ja als ob

Itchy - Ja als ob

Foto: TV/Uncle M

Itchy sind schon lange in der ersten Liga der deutschen Punk-Bands heimisch. Fast 1000 Konzerte in ganz Europa, Touren mit Legenden wie Billy Talent und Bad Religion, Auftritte auf Deutschlands größten Open Airs, sieben Studioalben. Kann man für das neue Album Ja als ob doch alles so lassen, oder?

Nö. Es muss sich alles ändern, Stillstand ist Rückschritt. Also, einmal Komplettveränderung, bitte. Fangen wir mit dem Bandnamen an: Aus Itchy Poopzkid wird Itchy. Schluss mit dem Gepupse. Eine bereits 2017 durchgezogene Veränderung, die der schwäbischen Punk-Band alles andere als schwerfiel, wie Sänger Sebastian Hafner im Podcast „Uncle M Kaffekränzchen“ erklärt: „Wir fahren seit 15 Jahren mit einem Namen durch die Lande, den wir seit Tag eins der Bandgründung beschissen fanden.“ Man habe allerdings immer gedacht: „Jetzt können wir uns auch nicht mehr umbenennen“, so Hafner.

Also, Poopzkid weg. Kein Problem, nach einigen Monaten „krähte da kein Hahn mehr nach“. Die viel größere Veränderung traut sich Itchy allerdings bei der Sprache. Denn Ja als ob ist das erste deutschsprachige Album. Nach fast 1000 Konzerten plötzlich alles anders. Ob das gut geht? Diese Frage stellt sich der Ja-als-ob-Hörer genau 28 Sekunden lang.

Dann setzt der Refrain vom Eröffnungssong Faust ein. „Was soll schon passieren, wir sind noch immer wir“, singen Itchy Da ist was dran. Denn musikalisch macht die Band das, was sie seit zwei Jahrzehnten auszeichnet: Punk mit Ohrwurmgarantie. Das jetzt auf Deutsch zu präsentieren und die Botschaften der Songs damit noch deutlicher an den Hörer zu bringen, ist mehr genialer Schachzug als riskanter Schritt mit der Möglichkeit des Band-Schach-Matt.

Dieser Schachzug katapultiert Itchy sofort in die Königsklasse des deutschsprachigen Punks. Der Song Ich wollte noch hilft dabei ungemein und ist einer der besten und perfektesten deutschsprachigen Punk-Songs der letzten Jahre. Die geniale Kombination aus dem Itchy-Sound und Madsen-Sänger Sebastian Madsen funktioniert extrem gut. Eine klare Botschaft (das Leben ist zu kurz um es mit den falschen Menschen zu verbringen), gepaart mit einer Ohrwurm-Melodie, der wohl auch wegen der guten Freundschaft der beiden Bands so gut passt.

Das Album ist Stoff zum Rauf- und Runterhören. Es erreicht neue Hörer, bietet aber genug Altbekanntes um langjährige Itchy-Fans nicht zu vergraulen.

Es ist alles neu, doch klingt alles so vertraut. Man möchte den Schwaben zurufen, dass sie bitte bei dieser Sprache bleiben. Dann – das ist sicher – geht’s schnurstracks in Richtung der nächsten 1000 Konzerte. Und auf den Thron der deutschsprachigen Punk-Zukunft.

In der Serie Vinyl der Woche beleuchtet der Trierische Volksfreund wöchentlich eine Schallplatte. Alle Serienteile finden Sie hier.

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