Vinyl der Woche: Whatever Happened to Benny Santini? - Chris Rea Das Poprock-Blues-Chamäleon

Serie · Am Mittwoch wird Chris Rea 70 Jahre alt. Er, der über Jahre hinweg Erfolge feierte – mit Musik, die er selbst nie machen wollte. Beginnend mit seinem Debütalbum und dem ersten Hit Fool (If You Think It‘s Over), der eigentlich ganz anders klingen sollte.

 Chris Rea – Whatever Happened To Benny Santini?

Chris Rea – Whatever Happened To Benny Santini?

Foto: Band

Es ist eine schrecklicke Nachricht, die Chris Rea im Jahr 2001 erhält. Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Ärzte machen dem damals 50-Jährigen keine großen Hoffnungen. Im Krankenhaus fasst Rea einen Entschluss: Wenn er diese Krankheit überlebt, dann würde er sich – endlich – seiner eigentlichen musikalischen Liebe widmen: dem Blues. „Wenn du kurz davor bist zu sterben, denn bewertest du neu, was dir wirklich wichtig ist“, sagt er später in einem Interview. Jahrzehntelang hatte er diese Liebe abgewiesen, ihr sozusagen nie die Chance auf ein Date gegeben. Mit Erfolg. Leider. Denn Rea, der am Mittwoch 70 Jahre alt wird (Sie merken: Er hat überlebt) feiert jahrzentelang Erfolge – beginnend mit dem Song, den er selbst wohl am wenigsten mag.

1978 beginnt die Karriere des Chris Rea mit Fool (If You Think It‘s Over) vom Album Whatever Happenes to Benny Santini?. Bereits beim Albumtitel findet sich das erste „Verstellen“. Weil der Name Chris Rea nicht für sein Label nicht attraktiv genug klingt, will ihn dieses zu Benny Santini umbenennen. Der Plan zerschlägt sich, doch Chris Rea muss sich weiter chamäleonartig anpassen. Produzent Gus Dudgeon erhält den Auftrag, Chris Rea zur nächsten Version seines bekanntesten Klienten zu entwickeln: Elton John. „Das hätte nicht weiter entfernt von dem sein können, was ich wirklich war“, sagt Rea später.

Dennoch: Die soullastige Originalversion von Fool (If You Think It‘s Over) wird verworfen. Gus Dudgeon verpasst dem Song einen kommerziellen Sound, der ihn zu einem Hit werden lässt. Rea fühlt sich überrumpelt.

Doch er ordnet sich unter und arrangiert sich mit dem musikalischen Stil, der ihn erfolgreich sein lässt. In den 80er-Jahren feiert Chris Rea mit den Alben On The Beach und The Road To Hell weitere Erfolge. Der Stil: Geschmeidiger, lässig-entspannter Poprock. Zumindest die Slide-Gitarre, die Rea schon als Jugendlicher liebt, bleibt ihm. Wobei ... bis heute ist Fool (If You Think It‘s Over) sein erfolgreichster Hit – und der einzige, auf dem er keine Gitarre spielt. Unter anderem wird er durch den Song 1978 in der Grammy-Kategorie Best New Artist nominiert – den nicht er, sondern A Taste Of Honey gewinnen (damals auch nominiert: Toto). Rea realisiert: „Man wägt ständig ab, was man machen will und was man machen muss.“

Erst als Chris Rea den Bauchspeicheldrüsenkrebs besiegt, macht er die Musik, die er liebt. Beispiel: Das Projekt Blues Guitars, in dem er auf elf CD’s 137 Songs veröffentlicht. Für jede der CD’s malt er das Cover selbst. Musikalisch ist Blues Guitars der Höhepunkt seines Schaffens.

In der Kolumne „Vinyl der Woche“ stellt der Trierische Volksfreund wöchentlich eine Schallplatte vor – von Neuerscheinungen, über besondere Alben bis hin zu Klassikern. Alle Serienteile finden Sie hier.

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