Vinyl der Woche: White Feathers – Kajagoogoo Die überhaupt nicht unendliche Geschichte
Serie · Etwas mehr als ein Jahr lang dauerte die Karriere von Kajagoogoo. Zeit genug, für einen weltweiten Hit.
Manchmal bin ich froh, dass es das Internet gibt. Zum Beispiel dann, wenn ich mich durch unendliche Archiv-Welten beim Videoanbieter YouTube klicke. Da findest du alles. Die Zusammenfassung des dritten Spieltags der Bundesligasaison 1996/97, als Ruggiero Rizzitelli als erster Italiener überhaupt den FC Bayern begeisterte – kein Problem. Ein Rezept, wie man den perfekten Pumpernickel herstellt – geschenkt. Knapp 300 Millionen Videos soll es auf YouTube geben. Unter all diesen bin ich auf ein Juwel gestoßen: Ein Auftritt von Kajagoogoo im Londoner Embassy Club aus dem Jahr 1982.
Der Clip ist recht kurz für ein Konzert, dauert gut neun Minuten. Nur 807-mal wurde er bis zum Zeitpunkt dieser Kolumne aufgerufen. Viel zu selten. Denn es war nicht irgendein Auftritt für Kajagoogoo. Sänger und Gesicht der Band Christopher Hamill, Künstlername Limahl, arbeitete damals als Kellner im ehrwürdigen Londoner Club. Erst ein Jahr zuvor war Limahl zur Band gestoßen, die vorher in anderer Besetzung und unter anderem Namen keinen Erfolg hatte.
Alles änderte sich, als Limahl im Embassy Club Nick Rhodes traf, Keyboarder der damals aufstrebenden und bereits bekannten Band Duran Duran. Kajagoogoo durfte im Embassy Club auftreten und überzeugte Rhodes und das Label EMI. Ein absoluter Glücksgriff für Limahl und sein Bandkumpanen, denn Rhodes erklärte sich gleichzeitig bereit, die erste Single von Kajagoogoo zu produzieren. Nicht alleine, jetzt kommt Glücksgriff Nummer zwo, sondern gemeinsam mit Colin Thurston. Dem Produzenten, der einige Jahre zuvor unter anderem an Heroes von David Bowie und Lust for Life von Iggy Pop mitgewirkt hatte. Solch gute Startvoraussetzungen muss man als junge Band erst einmal haben.
Vielleicht waren sie zu gut. Heraus kam mit Too Shy ein Hit, der es vor 40 Jahren an die Spitze der britischen und deutschen Charts schaffte. In den USA, wo man Kajagoogoo bis dato nicht kannte, erreichte er Platz fünf. Von Null auf Hundert in einer Single. Auch das zugehörige Album White Feathers war recht erfolgreich. Problem: Solch kometenhafte Aufstiege enden in der Musikgeschichte teilweise als One-Hit-Wonder, teilweise als Weltkarriere.
Kajagoogoo erwischte ersteres. Böse Zungen könnten behaupten, dass die Briten ihren Erfolg nicht vor allem ihren musikalischen Fähigkeiten verdanken (wobei man nicht leugnen kann, dass die Basslinie in Too Shy eine der einprägsamsten und besten der 80er ist). Kajagoogoo erhielt das, was man heute einen „Push“ nennt. Teenager-Magazine stürzten sich auf die Band, versorgten sie mit zahlreichen Titelstorys. Vor allem der damals erst 24-Jährige Limahl wurde zum Teenie-Star. Nur: Limahl verließ die Band bereits 1983, Kajagoogoo war so schnell wieder Geschichte, wie sie aufgestiegen waren.
1984, nur zwei Jahre nach dem Durchbruch im Embassy Club, hatte Limahl seinen einzigen Hit als Solo-Künstler – den Soundtrack zum Film „Die unendliche Geschichte“. Welche Ironie, dass der Name des Films das genaue Gegenteil zur Historie von Kajagoogoo ist.