Vital und voller Hingabe an die Musik

Grandios hat die Philharmonie Luxemburg ihre Konzertsaison mit Bruckners 8. Sinfonie eröffnet, gespielt vom Gustav-Mahler-Jugendorchester. Dirigent war Herbert Blomstedt. Mit im Programm: Starbariton Christian Gerhaher und Gustav Mahlers "Lieder eines fahrenden Gesellen".

Luxemburg. Am Ende bleiben die Geigenbögen wie Ausrufezeichen in der Luft stehen, und Musiker und Publikum hören der Musik hinterher, die langsam ihren Atem aushaucht. Die Zeit scheint stillzustehen, bis sich die ersten Hände zu rühren wagen und der Beifallsturm losbricht. Gewaltig begann der Saisonstart in der Luxemburger Philharmonie mit Anton Bruckners 8. Sinfonie.

Zwischen Götterdämerung und Erlösungshoffnung



Man kann stundenlang darüber streiten, wie dieses gigantische Werk richtig zu spielen sei. Mit dem altersweisen und dennoch hoch vitalen Herbert Blomstedt am Dirigentenpult wird seine Aufführung immer zum Glücksfall. Der 83-jährige Amerikaner mit den schwedischen Vorfahren lebt in der Musik. Und so lässt er auch musizieren. Blomstedt ließ dem Stück seine Gewalt, sein Wechselbad der Gefühle. Er ließ Bruckners musikalischem "Mysterium", das der lebensuntüchtige, todesverliebte Komponist "dem lieben Gott" gewidmet hat, sein ganzes verquertes Seelenleben.

Wissend aber ohne weihevolles Pathos ließ Blomstedt wie einer spielen, dem nichts Menschliches fremd ist. Mit sicherem Gefühl für die Eigenart der Instrumente, für Details, Brüche und musikalische Blöcke musizierte er die Mischung aus Götterdämmerung, Sehnsucht und gläubiger Erlösungshoffnung. Wunderbar die weiten Gesten, die zuweilen hauchzarten Streicher und strahlenden Blechbläser.

Bedürfnis nach Tiefgang und Sinngebung



Nach Luxemburg war Blomstedt mit dem Gustav-Mahler-Jugendorchester gekommen, der ersten internationalen Adresse zur Förderung junger Musiktalente. "Unsere junge Generation hat ein ungeheures Bedürfnis nach Tiefgang und Sinngebung."

Was unlängst einer der jungen Nachwuchsmusiker bekannte, bestätigten seine Kollegen in der Philharmonie. Mit Leidenschaft und einer Hingabe an die Musik, die bisweilen an die Grenzen ihrer Kraft ging, spielten die jungen Musiker. Ein Seufzer der Erleichterung ging durch das Orchester, als endlich das schwierige Scherzo geschafft war. Aber nicht nur der Musik galt ihre Hingabe. Die hochbegabten Jungen spielten an ihren Dirigenten. Wer erlebt, wie sie auf seine kleinsten Fingerzeige reagieren und ihn am Ende bejubeln, ist tief berührt von der Verbundenheit zwischen Schülern und Meister.

Mit spätromantischen Wechselfällen des Gefühls hatte das Konzert auch angefangen. Christian Gerhaher sang Gustav Mahlers "Lieder eines fahrenden Gesellen". Der Sänger mit der fantasievollen Stimme ist einer der größten Talente dieser Zeit. Sein geschmeidiger nuancenreicher Bariton und sein dramatisches Talent machten die Zuhörer zu Leidensgenossen der seelische Berg- und Talfahrt von Mahlers verliebtem "Gesellen".

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