Vokal-Akrobatik mit Charme

In der seit langem ausverkauften Europahalle haben die Kölner "Wise Guys" ein Publikum aus allen Alterstufen mit ihrem unverschämten Charme beeindruckt. Die A-cappella-Gruppe bewies Humor und Talent.

Trier. Daniel Dickopf ist gut in Fahrt: Der gemütliche Lockenkopf schleimt sich gespielt ölig bei der rappelvollen Europahalle ein, dies sei natürlich der tollste Auftritt der Tour für das Kölner A-cappella-Quintett "Wise Guys". Wahrscheinlich lag in dem rostigen Kompliment sogar ein wenig Wahrheit: größere Euphorie als bei ihrem Auftritt in Trier ist schwer vorstellbar. Dann lässt der Bariton vom Publikum per Handzeichen Altbekanntes bestätigen: Dass der typische "Wise Guys"-Fan zwischen fünf und neunundneunzig Jahren alt ist und sich sonst auf kein Merkmal festlegen lässt: Ihre charmanten, aber harmlosen Unverschämtheiten gefallen Schulkind und Schwiegermutter. Die Texte des Quintetts behandeln meist die Freude und Nöte des Alltags, seine wenigen Siege und vielen Niederlagen, wobei mehr lustig gebellt als wirklich gebissen wird: Gerade die tiefsinnigeren Texte strahlen bisweilen eine gewisse kleinbürgerliche Bräsigkeit aus: So etwa, wenn die Vokalartisten, natürlich, Techno beschimpfen ("Kohle machen tut er mit Lärm aus dem Computer") oder der "Powerfrau" nicht zu trauen sei, da sie "ja auch nur ein Mann" ist. Mag Heinz Erhardt dagegen geradezu progressiv wirken, so ist der ideenreiche Stimmeneinsatz, mit dem der Technobeat dann zum bolzenden und pluckernden Leben erweckt wird, einfach nur mitreißend: Gerade die Schlagzeugtöne, die Ferenc Husta ins Mikrofon ploppt, lassen sich zeitweilig nicht von einem Drumcomputer unterscheiden. Sehr überzeugend macht Husta auch den souveränen Womanizer, dessen Bass keine widerstehen kann: "Es geht nix über 'ne Stimme, die im Bauchnabel vibriert." Aber Vibrationen kommen auch von woanders: Beim Finale hüpft eine dichte Traube "Steppkes" vor der Bühne so wild auf und ab, dass der Boden vor der Bühne wackelt: Die Wise Guys haben verschiedenste Fan-Ideen zu einem Zombie-Fernsehkoch-Literatur-Cover-Song verbacken: "Schiller" singen sie zu Michael Jacksons Thriller einen absurden Song über das Grauen der Hochliteratur und beenden das Konzert mit tobendem Beifall.

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