Voller Klang und große Lust am Spiel

Wittlich · Zum stimmungsvollen Weihnachtskonzert hatte am zweiten Weihnachtstag der Musikkreis Wittlich in die Synagoge eingeladen. Zu Gast war das 2014 mit dem Echo Klassik ausgezeichnete Berolina-Ensemble, in dem auch die aus Bernkastel-Kues stammende Klarinettistin Friederike Roth spielt. Die Musiker präsentierten ein eigenwilliges Programm.

Wittlich. Nicht nur, wenn am Tannenbaum die Kerzen brennen, ist "Musik bei Kerzenschein" angesagt: Das galt am Samstag auch in der Wittlicher Synagoge. Zum traditionellen Weihnachtskonzert des Musikkreises Wittlich war diesmal das Berolina-Ensemble aus der Hauptstadt an die Lieser gereist. Im Gepäck hatten die sieben jungen Musiker ein passendes Programm mit einer Mischung aus feiertäglichem sinfonischen Wohlklang und kammermusikalischer Spielfreude.
Lust am Spiel ist schließlich reichlich angesagt bei den Musikern des Berliner Ensembles, dessen Spiel den Raum mit Frische und Klangsinnlichkeit erfüllte. Der Musik eine Chance geben wollen die Nachwuchs-Kammermusiker gemäß ihrer Website und einem Wort Yehudi Menuhins. Da ist es nur konsequent, dass sie regelmäßig in ihr Repertoire weithin vergessene oder wenig gespielte Stücke aufnehmen.
Das war in Wittlich mit Adolphe Blancs Septett in E-Dur op. 40 gleich zu Beginn der Fall. Darüber, ob man die großzügig aus dem musikgeschichtlichen Zitatenschatz schöpfende Komposition des Franzosen nicht besser dem Zauber der Erinnerung überließe, kann man streiten. Allerdings ließ die Interpretation des Stücks bereits erahnen, was zum Ende des Abends Gewissheit war. David Gorol, der erste Geiger und Gründer des Ensembles, und sein Kollege, der Hornist Jonas Finke, sind die herausragenden Musiker.
Gorol trieb mit seiner wunderbar klingenden Violine das Spiel voran, sorgte für Tempo und hielt die Spannung im Dialog. Das war nicht immer einfach. Drohten doch gerade in Blancs erstem Satz die Bläser die Streicher geradezu wegzublasen.
Hervorragend gelang hingegen das Zusammenspiel in der Tarantella. Etwas hölzern vernahm sich Carl Nielsens vergebliche Serenade, ein Quintett von 1914. Kein Wunder, dass die Liebeswerbung erfolglos blieb.
Die große Stärke des Ensembles lag an diesem Abend im sinfonischen Klang. Gleichsam als "sinfonia concertante" erklang Beethovens berühmtes Septett Es-Dur op. 20. Bekanntlich hielt der Komponist das Stück, mit dem er zu Lebzeiten wahre Triumphe feierte und das noch immer äußerst beliebt ist, zum Ende seines Lebens für abgespielt. Tatsächlich wirkt es heute ein wenig überlang und überladen. In der Fülle der Einfälle konnte es das Berliner Ensemble allerdings voll entfalten. Überzeugend machte es die sinfonische Qualität des Septetts hörbar. Gleich eingangs standen den ernsten Bläsern die wunderbar leichten Streicher gegenüber. Nachdenklich erklang das Adagio cantabile, mit gesetzter Eleganz das Menuett, munter und lebendig das Scherzo.
Wie beredt das Spiel des Ensembles sein kann, wie sich die Musiker auf Klangfarben und Temperamente verstehen, war schon vorher zu hören gewesen in Richard Strauss' "Till Eulenspiegel", diesmal in einer Bearbeitung von Franz Hasenöhrl. Großartig war Jonas Finke, dessen Horn, wie später in Beethovens Septett, weit atmend und weich den Raum füllte. Auf ihn darf man noch gespannt sein.
Die annähernd 200 Zuhörer applaudierten begeistert.

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