Vom Freischütz zum Freyschutz

Der "Freischütz" gilt als die deutscheste Oper schlechthin: Wald und Jäger, Fürsten und Erbförster, dazu eine Prise romantischer Grusel. Wie das alles aus französischer Warte aussieht, zeigt eine neue Produktion des Trierer Theaters. Und die Entstehung dieser Version wäre für sich schon wieder ein Theaterstück wert.

Trier. Wer je in einer Aufführung des "Freischütz" war, dem werden die Sprech-Texte aufgefallen sein, die die musikalischen Szenen verbinden. Mit blubberndem Bass oder sirrendem Sopran deklamieren Sänger sinnige Sätze wie "Der von euch erwählte Eidam gefällt mir", bevor sie zur nächsten Arie ausholen.

In Frankreich mochte man Mitte des 19. Jahrhunderts solche Singspiel-Elemente nicht. Jedenfalls nicht in der "Grand Opéra", allenfalls in der "Opéra comique" fürs gemeine Volk.

Aber der große französische Komponist Hector Berlioz wollte das bewunderte Werk des unterdessen verblichenen Komponisten Carl Maria von Weber unbedingt auf die Bühne des großen Pariser Opernhauses bringen.

Also nahm er die ins Französisch übersetzten Sprechtexte und komponierte daraus Rezitative, also gesungene Zwischenpassagen. Prompt wurde das Stück, als "Le Freyschutz" sprachlich etwas angepasst, ein Riesenerfolg in Paris.

In Deutschland und dem Rest der Welt blieb die durchgesungene Variante freilich ein verborgener Schatz. Bis man am Theater Trier im Rahmen der "Deutschland-Spielzeit" den "Freischütz" auf den Spielplan setzte - und der zuständige Musikverlag auf die Existenz des "Freyschutz" hinwies. "Die deutsche Nationaloper im Spiegel der Franzosen, das hat uns gleich gereizt", erzählt Dramaturg Peter Larsen.

Freilich wollte man dem Trier er Publikum nicht zumuten, "seinen" Freischütz auf Französisch zu hören. Ergo gibt es nun eine Version, bei der - kurioserweise - die französischen Rezitative wieder ins Deutsche übertragen wurden. Regisseur Lutz Schwarz könnte die Texte in beiden Sprachen lesen, hat er doch in Frankreich studiert. Er erwartet, dass das Stück nun "runder" wird, "eine richtige Oper aus einem Guss". Er sieht im Freischütz weniger das Wald-Melodram als viele aktuelle Fragen. Darf man Erfolg mit allen Mitteln anstreben? Wie geht man mit Fehlern um, die Menschen machen? Daraus ergibt sich für Schwarz eine Oper, die "nicht biedermeier-süßlich sein soll, sondern hochemotional, spannend und letztlich hoffnungsvoll".

extra

Carl Maria von Webers Oper wurde 1821 in Berlin uraufgeführt. Sie erzählt die deutsche Volkssage von einem Jäger, der sich aus Angst vor einem Prüfungs-Schuss mit dem Teufel verbindet, was seine Verlobte beinahe das Leben kostet. Die musikalische Leitung hat Kapellmeister Valtteri Rauhalammi, Regie: Lutz Schwarz, Bühnenbild: Kerstin Laube, Kostüme: Carola Vollath. Den Jäger Max singt Gast-Tenor Michael Suttner vom Münchener Gärtnerplatz-Theater. Seinen Gegenspieler Caspar mimt Alexander Trauth, dessen Trierer "Figaro" begeisterte. In der Rolle der Agathe gibt es ein Wiedersehen mit Vera Wenkert, die bis 2009 zum Trierer Ensemble gehörte. Vorstellungen: 20., 23. Februar; 7., 12., 19., 21. März; 3., 18., 21., 23. April.

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