Vom Kaiser zum Entwicklungshelfer

Salzburg · Als Kaiser Franz-Joseph in den "Sissi"-Filmen ist Karlheinz Böhm berühmt geworden. Später gehörte seine Leidenschaft Afrika. Böhm starb am Donnerstag im Alter von 86 Jahren.

Salzburg. Viele Menschen rebellieren im Jugendalter und werden als Erwachsene gelassener. Das Leben von Karlheinz Böhm verlief umgekehrt. Berühmt wurde der Österreicher mit den "Sissi"-Filmen an der Seite von Romy Schneider. Das Image des Traumprinzen habe jedoch sein kritisches Denken eingehüllt, sagte er rückblickend. Die Rolle seines Lebens fand er erst mit 53 Jahren: 1981 gründete Böhm die Äthiopienhilfe "Menschen für Menschen". Am Donnerstagabend ist er mit 86 Jahren in seinem Haus in Grödig bei Salzburg gestorben.
Karriere mit Licht und Schatten


1928 als Sohn berühmter Eltern geboren, lernte Böhm schon früh die Licht- und Schattenseiten der Prominenz kennen: Sein Vater arbeitete als Dirigent an der Wiener Staatsoper, seine Mutter war eine erfolgreiche Sopranistin. Im Alter von 27 Jahren gelang ihm selbst der große Durchbruch - eben als Kaiser Franz-Joseph in der "Sissi"-Trilogie. Obwohl er in den Folgejahren versuchte, seinem kitschigen Image zu entkommen, blickte er ohne Reue zurück. "Jeder Mensch muss jeden Moment seines Lebens dazu in der Lage sein, sich zu allem zu bekennen, was er getan hat", erklärte er einmal in einem Interview.
Zwei Jahre nach dem letzten "Sissi"-Film löste Böhm mit einer Rolle als psychopathischer Frauenmörder einen Skandal aus. "Augen der Angst" gilt heute als genialer Psychothriller, wurde bei der Erstausstrahlung jedoch von der Kritik zerrissen. Erst in den 1970er-Jahren etablierte Böhm sich als ernsthafter Künstler; er trat in Fassbinder-Filmen auf und versuchte sich als Opernregisseur. Und am 16. Mai 1981 schrieb er Fernsehgeschichte.
Nachdem er während einer Kur mit der Not in Afrika konfrontiert worden war, kam Böhm als Gast zu "Wetten, dass...?!". Er wettete, nicht einmal jeder dritte Zuschauer würde eine Mark für notleidende Menschen in der Sahelzone spenden. Als Wetteinsatz versprach er, selbst in Afrika zu helfen, wenn er verliere. Die Zuschauer spendeten 1,7 Millionen D-Mark - Böhm hatte die Wette gewonnen. Nach Äthiopien ging er trotzdem. Am 13. November 1981 gründete er "Menschen für Menschen". Die Stiftung setzt sich in dem armen Vielvölkerstaat für Hilfe zur Selbsthilfe ein. Bis heute hat sie rund 415 Millionen Euro in Schulen, Brunnen und Krankenhäuser investiert.
Böhm unterstützte die Menschen vor Ort als Motivator und Manager in einer Person - obwohl er nach eigenem Bekunden ohne Konzept nach Äthiopien gekommen war. "Aber wenn ich sehe, dass Menschen zugrunde gehen, dann greife ich doch ein", erklärte er einmal seine Motivation. Ein wichtiger Aspekt seiner Arbeit war stets die Gleichberechtigung von Frauen. An das Thema Beschneidung hat Böhm sich lange nicht herangewagt, weil er die kulturellen Wurzeln der Einheimischen nicht verletzen wollte. Doch durch die behutsame Aufklärungsarbeit seiner Stiftung sind inzwischen mehr als zwei Drittel der äthiopischen Frauen gegen das Ritual.
Kritik am Lebenswerk


In den vergangenen Jahren machte Karlheinz Böhm Kritik an seinem Lebenswerk zu schaffen, sagt seine Ehefrau Almaz. Mangelnde Transparenz und der Bau eines überdimensionierten Bürogebäudes wurde "Menschen für Menschen" zuletzt vorgeworfen. Das deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen, das Wohltätigkeitsorganisationen überprüft, reagierte darauf jedoch mit Unverständnis. Die Vorwürfe konnte er nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Böhm litt zuletzt an Demenz, wie sein Sohn mitteilte.
Böhm, der äthiopischer Ehrenbürger war und 2001 das Bundesverdienstkreuz erhielt, hat sich auch kritisch zu sozialen Fragen geäußert - etwa zur "Habgier der Industrienationen" oder der "skrupellosen Gier", die an den Finanzmärkten herrsche. Der Ex-Filmstar sah sich selbst durchaus als spätberufenen Rebellen "insofern, als ich nicht bereit bin, persönlich gewisse Gesellschaftsformen zu akzeptieren, die Ungerechtigkeit unterstützen".

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