Vom Plattbodenschiff zum Hightech-Frachter

Trier · 2000 Jahre Moselschifffahrt stellen sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Schiffstypen dar. Ihre feinen kleinen Modelle, die noch bis März 2015 im Trierer Stadtmuseum Simeonstift zu sehen sind, machen nicht nur Vergnügen. Sie leiten den Besucher auch sicher durch die außerordentlich interessante Schifffahrtsschau.

Trier. Beschwerlich und langwierig sei die Reise von Metz herauf gewesen, klagte William Turner seinem Reisetagebuch bei seiner ersten Moselreise 1824. Treidelpferde hatten das Schiff des englischen Malers mühsam flussaufwärts gezogen und die Geduld des berühmten frühen Moseltouristen arg strapaziert. Wäre er 16 Jahre später gekommen, hätte das Schiff dem Fluss im Wortsinn Dampf gemacht. Solange dauerte es noch, bis die Dampfschifffahrt auch die Mosel erreichte.
Wie schnell ein Fluss Menschen, Waren und Ideen transportiert, hängt ganz entscheidend von den Schiffen ab, die darauf unterwegs sind und von ihrer Fähigkeit, sich auf die Gegebenheiten des Flussbettes, auf Wind und Strömungsverhältnisse einzustellen. Noch Ausonius hatte schwärmerisch in seinem gleichnamigen Gedicht die Mosella als friedliches Gewässer ohne Klippen und tückische Untiefen besungen.
Kraft und Geschick gefragt


Seine römischen Landsleute sahen das offensichtlich nüchterner und bauten flache Boote mit geringem Tiefgang, sogenannte Plattbodenfahrzeuge, die auch in seichtem Gewässer manövrierfähig blieben. Wer sich zudem die Gesichter der Steuermänner im Neumagener Weinschiff anschaut und die der Ruderer, erkennt augenblicklich, wie viel Kraft, Erfahrung und nautisches Geschick der Transport der schweren Waren auf der Mosel erforderte. Heute, 2000 Jahre später, ist der kanalisierte Fluss zur Großschifffahrtsstraße auf dem Wasser geworden, auf der modernste Transportschiffe für den Warenaustausch in Europa sorgen und noble Passagierschiffe wie fröhliche Ausflugsdampfer Touristen aus aller Welt befördern und an Land lassen.
Bis zum heutigen Fernverkehr war es ein langer Weg, der sich nicht zuletzt im Schiffsbau darstellt. Wie ein roter Faden durchziehen- gleichsam auf dem Fluss der Zeit - die reizvollen Modellschiffe aus 2000 Jahren Moselschifffahrt, als Ausdruck ihrer Schifffahrtsepoche, die interessante Schau im Trierer Simeonstift. Die Schiffsmodelle sind wahrhafte Highlights und eine wahre Lust für jeden, den es irgendwie zum Wasser zieht.
Die Reise beginnt naturgemäß mit den Römern. Ein Kleinod ist der edle Frauenkopf aus Bronze, der den Bug eines römischen Votivschiffes zierte. Neben dem Modell eines typischen Plattbodenschiffs ist zudem eine Abbildung vom Bau einer Lusoria zu sehen, ein flaches militärisch genutztes Mannschaftsboot, mit dem die Flüsse kontrolliert wurden.
Auch das Mittelalter hielt vorerst die Böden flach. Eine besondere Attraktion ist das Modell eines Oberländers, ein Güterschiff, das wie eine kompakte Festung zu Wasser wirkt. Vom Wachsen der Märkte und Messen erzählen die Marktschiffe. Als Prachtexemplar im Wortsinn kommt das barocke Prunkschiff daher, das sich Kurfürst Clemens Wenzeslaus standesgemäß vom Hof-architekten Johann Seitz als schwimmendes Schloss bauen ließ.
Schnellzüge zu Wasser waren die eleganten Eiljachten des 19. Jahrhunderts. Auch für die Mosel kamen mit dem Industriezeitalter die Dampfschiffe, die ab 1839 zunächst von Metz nach Trier und ab 1841 auch zwischen Trier und Koblenz verkehrten. Heute sind auf dem Fluss mit modernsten Technologien ausgestattete Fracht- und Containerschiffe unterwegs, luxuriöse Passagierschiffe, dazu Baggerschiffe, die die Fahrrinne in Ordnung halten.
Natürlich sollte man es nicht bei den Modellen belassen, sondern reichlich "an Land gehen". Soll heißen: sich anhand der vielfältigen und interessanten Exponate und Mitmachstationen über Handel und Wandel, Häfen und Werften informieren. Die Dokumente der Schifferzunft und -bruderschaften berichten vom Leben der moselländischen Schiffsleute. Kunstfreunde finden reizvoll ins Bild gesetzt, wie sich Landschaft und Schifffahrt zum Lebensraum verbinden.
Ein Blickfang: die kolorierte Lithografie, die William Turners Landsmann und Kollege Clarkson Frederick Stanfield 1838 von Klotten anfertigte. Und natürlich der Ausbau der Mosel zur Großschiffahrtsstraße und ihre Eröffnung vor 50 Jahren. Eine eigene Abteilung ist dem Großereignis gewidmet, das den Fluss zum Wasserband Europas machte. "Wir sind mit der Resonanz der Ausstellung sehr zufrieden", sagt Museumschefin Elisabeth Dühr. Besonders aufgefallen sind dem Haus die vielen Schiffersleute unter den Besuchern. Tatsächlich ist die Ausstellung eine echte Schau für jedermann, die gleichermaßen Erwachsenen wie Kindern jede Menge Reizvolles und Lehrreiches zu bieten hat.
Die Ausstellung ist bis zum 1. März 2015 im Stadtmuseum Simeonstift in Trier zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10-17 Uhr, Telefon: 0651/7181459, www.museum-trier.de

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