Vom Wandern und Sehnen

Facettenreich und emotional: Christoph Pregardién (Tenor) und Michael Gees (Klavier) haben ausgewählte "Lieder von Abschied und Reise" von Franz Schubert in der Wittlicher Synagoge zu Gehör gebracht.

Wittlich. (ves) "Ich bin ein Fremdling überall", heißt es in Franz Schuberts Lied "Der Wanderer" - dieses ewig Rastlose der Sehnsucht nach Heimat ist eines der Hauptmotive in Schuberts (1797-1828) Schaffen.

Einen Schwerpunkt auf dieses Motiv, das Schubert oft in Form des Wanderns beschrieb, setzten auch Christoph Pregardién (Tenor) und Michael Gees (Klavier) am Donnerstagabend in der voll besetzten Wittlicher Synagoge. Vor rund 170 Zuhörern ließen sie Schuberts "Lieder von Abschied und Reise" beim letzten Konzert des Wittlicher Musikkreises in der Saison 2008/2009 erklingen. Dabei präsentierten sie sich als zwei Musiker, die sich Schuberts Kunstlieder wirklich zu eigen gemacht haben. Auch die häufige Zusammenarbeit der beiden war deutlich spürbar.

Sowohl das wunderschön Melancholische ("Nachtstück") als auch das leicht Beschwingte ("Der Musensohn") oder rastlos Rasende ("Rastlose Liebe") in Schuberts Werk setzten Pregardién und Gees überzeugend um. Besonders beim "Erlkönig" zog Pregardién das Publikum in seinen Bann.

Facettenreich und emotional



Mit einer unglaublich facettenreichen und emotionalen Tenorstimme schrie er die Verzweiflung des Sohns heraus, stellte die verunsicherten Beruhigungsversuche des Vaters dar und zeigte den Erlkönig von verführerisch bis drohend. Dezent und absolut passend ließ der Professor der Musikhochschule Köln auch sein schauspielerisches Talent zur Verstärkung des musikalischen Ausdrucks erkennen. Nach dem letzten Ton von Schuberts "Erlkönig" blieb es in der Synagoge für einige Sekunden hingebungsvoll still. Gees' anfangs etwas eigenwillige Dynamik vertrug sich nicht mit den akustischen Begebenheiten der Synagoge. Mehr und mehr passte er sich diesen aber an und überzeugte mit ausdrucksstarkem Spiel. Den letzten Ton des jeweiligen Lieds reizte er so lange wie möglich aus; kaum verklungen, setzte er umgehend zum nächsten Lied an. Besonders ergreifend war zum Abschluss "Der Doppelgänger": dunkel, mystisch und voller Grauen.

Das Publikum dankte mit begeistertem Applaus, ließ die beiden Künstler zigmal zurück auf die Bühne kommen und erhielt dafür zwei Zugaben.

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