Von den alten Zeiten weit entfernt

Esch/Luxemburg · Viele tiefe Einsichten in die Realitäten des Lebens hat der amerikanische Rock-, Blues- und Folksänger Bob Dylan in den mehr 50 Jahren seiner Karriere mit seinen Songs vermittelt. Die eindrücklichste Erkenntnis bei seinem Konzert in der Rockhal im luxemburgischen Esch/Alzette war, dass alles vergänglich ist.

Esch/Luxemburg. "It ain\'t me, Babe” (etwa: "Das bin nicht ich, Babe") heißt einer der großen Songs von Bob Dylan. Er handelt von Erwartungen, die sein Babe an ihn hat, er aber nicht erfüllt. Zum Beispiel, immer stark zu sein, niemals schwach. "I`m not the one you want babe, Im not the one you need" (etwa: Ich bin nicht der, den du willst, ich bin nicht der, den du brauchst”) lautet die einfache wie wohl für viele Beziehungen so wahre Erkenntnis.
Vielleicht hätte Dylan "It ain\'t me, Babe" an diesem Abend in der Rockhal spielen sollen. Es wäre ein Signal gewesen an die drei Jungs, die als kleines Grüppchen im vordereren Viertel der ausverkauften Rockhal stehen und offenbar den Bob Dylan sehen wollen, der dieser vor 40 Jahren war, aber nicht mehr ist. "Der nimmt zu wenig Drogen oder zu viele, aber gut ist\'s so nicht", lautet die lakonische Reaktion des einen bärtigen, langhaarigen etwa 20-Jährigen. "Das klingt ja wie aus dem Volksempfänger", beschwert sich sein Kumpel. Ihre Gesichter sind lang. "Hoffentlich versaut er nicht gleich auch noch seine besten Lieder", steuert der Dritte bei.
Dabei spielt die erstklassige Band tollen Blues. Und seine eigenen Lieder hat Dylan schon immer gern auf der Bühne bis zur Unkenntlichkeit neu interpretiert. Das leicht Näselnde, Gepresste hat seine Stimme verloren. Der Gesang ist seltsam melodielos, krächzend, mit atemlos scheinenden Sprüngen in die Kopfstimme. Statt Gitarre spielt Dylan Orgel. Seine Beine sind so dünn, dass sich unter der schwarzen Glanzhose die Knie sichtbar abzeichnen.Knopfler spielt sanften Blues


Geblieben ist sein unglaublich gutes Timing, und seine Mundharmonika klingt auch frisch. Von Protest, Rebellion und Leidenschaft, die nicht nur die drei Jungs, sondern auch viele andere im Publikum von dem 70-Jährigen offenbar erwartet haben, ist das allerdings alles weit entfernt. Egal. Dort auf der Bühne steht der Mann, der die Gitarrenmusik revolutioniert hat. Der mit "Like a rolling Stone" einen der größten Rocksongs aller Zeiten geschrieben hat. Den Joan Baez geliebt hat.
Bei Dylans ersten drei Liedern - darunter "It\'s all over now, Baby Blue"- ist Mark Knopfler mit seiner Gitarre dabei. Der ehemalige Kopf, Sänger und Gitarrist der legendären Dire Straits hat zuvor mit seiner neuen Band eine gute Stunde gespielt. Sehr sanft, bluesig und wunderschön sind die irisch anmutenden Songs mit Akkordeon, Dudelsack, Geige und Kontrabass. Wer auch Knopfler auf die guten alten Zeiten reduzieren wollte, war wohl trotzdem ein bisschen enttäuscht.
"So far away from me" blieb das einzige Lied aus dem Dire-Straits-Repertoire.

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