Von der Leidenschaft, Musik neu zu erfinden

Trier · Für Joachim Reidenbach ist klar: Komponist sein heißt nicht, Werk auf Werk auszuwerfen, sondern auch Älteres zu revidieren oder neu zu fassen und Begonnenes abzuschließen. Und: mit seiner Musik öffentlich präsent zu bleiben. Am 15./16. November sind Werke von Reidenbach in Saarburg und Trier zu hören.

 Komponist Joachim Reidenbach ist stolz auf seine Rilke-Vertonung. TV-Foto: Martin Möller

Komponist Joachim Reidenbach ist stolz auf seine Rilke-Vertonung. TV-Foto: Martin Möller

Trier. Es muss einfach guttun, Musik neu zu erfinden. Joachim Reidenbach strahlt trotz altersbedingter Malessen eine Zufriedenheit aus, die sich nur aus seiner Profession ergibt. Der ehemalige Trierer Regionalkantor hat sich ganz aufs Komponieren verlegt. Und kommt damit bei Musikern und Musikfreunden ausgesprochen gut an.
Jetzt hat Reidenbach seine Komponierwerkstatt aufgeräumt und dabei Angefangenes vollendet und Älteres revidiert. Anlass dazu war ein Vertrag mit dem internationalen Chorverlag Ferrimontana, der jetzt neben dem Strube-Verlag und dem Butz-Verlag Kompositionen von Reidenbach publiziert. Was auch bedeutet: Der Komponist profitiert vom Verkaufsnetz dieses Hauses.
Reidenbach hat einiges aus der Schublade geholt und kritisch durchgesehen. Zum Beispiel die Weihnachtsmotette "Hodie Christus natus est", Uraufführung 2010. Oder die Motette "Dilexisti justitiam", einst Auftragskomposition des Trier-Pauliner Pfarrers Vierbuchen von 1994. Eine Messe für Jugendchor, Schlagwerk, Glocken und Orgel, die Reidenbach 2007 begann und dann beiseitelegte, hat er jetzt fertiggestellt.
Und auf ein ganz neues Werk ist er wirklich stolz. Im März waren zwei Rilke-Vertonungen von den Trierer Philharmonikern uraufgeführt worden. Jetzt hat er erneut ein vielschichtiges Poem dieses Dichters aufgegriffen: "Zum Einschlafen zu sagen" (siehe Extra) aus dem "Buch der Bilder" von 1902.
"Ich bin fasziniert von der Sprache dieses Dichters", sagt Reidenbach und vertont dessen liebevoll-melancholischen Text für elf Soloinstrumente, Sopran oder Tenor und kleinen Oberchor (Sopran/Alt). Einfach aufzuführen ist das Werk nicht; vor allem die Anforderungen an die Sängerinnen sind hoch. Aber es ist anschaulich und reich an musikalischen Bildern.
Und auch die Präsenz in der Öffentlichkeit stimmt. In Saarburg (Samstag, 15. November, 19 Uhr, St. Laurentius) und Trier (Sonntag, 16. November, 16 Uhr, Liebfrauen) steht Reidenbachs Musik auf dem Programm - noch nicht die neue Rilke-Komposition, aber eine Psalmvertonung in Erstaufführung und ein Requiem für achtstimmigen Chor und Instrumentalensemble. mö
Kirchenmusik zum November, Joachim Reidenbach, Psalm 18 und Requiem, außerdem Werke von Alain, Dressler, Schütz und Telemann. belcanto-Chor Saarburg (Edwin Fell), Kirchenchor Liebfrauen (Stefan Kölsch), Vokalensemble St. Paulin, ein Instrumentalensemble, Leitung: Volker Krebs. Samstag, 15. November, 19 Uhr, St. Laurentius in Saarburg und Sonntag, 16. November, 16 Uhr in der Liebfrauenbasilika Trier. Tickets gibt es an der Abendkasse.
Extra

Zum Einschlafen zu sagen Ich möchte jemanden einsingen, bei jemandem sitzen und sein. Ich möchte dich wiegen und kleinsingen und begleiten schlafaus und schlafein. Ich möchte der Einzige sein im Haus, der wüsste: die Nacht war kalt. Und möchte horchen herein und hinaus in dich, in die Welt, in den Wald. Die Uhren rufen sich schlagend an, und man sieht der Zeit auf den Grund. Und unten geht noch ein fremder Mann und stört einen fremden Hund. Dahinter wird Stille. Ich habe groß die Augen auf dich gelegt; und sie halten dich sanft und lassen dich los, wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.

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