Klassik-Konzert Von der Seele der Musik bei „Klassik um 11“

Trier · Das Konzert „Klassik um 11“ mit Cello-Solistin Lea Reutlinger in der Trierer Promotionsaula hat das Publikum begeistert.

 Lea Reutlinger und die Philharmoniker beim Konzert „Klassik um 11“ in der Promotionsaula in Trier.

Lea Reutlinger und die Philharmoniker beim Konzert „Klassik um 11“ in der Promotionsaula in Trier.

Foto: Martin Möller

Was werden die Berliner Auftraggeber von 1750 wohl gedacht haben, als sie dieses Cellokonzert zum ersten Mal hörten? Carl Philipp Emanuel Bach (1714 bis 1788) hat ihnen nicht gefälliges Rokoko geliefert, sondern das Gegenteil: eine ungemein deutliche, entschiedene, markante Musik, fast schon „Sturm und Drang“. Die Botschaft ist eindeutig: Kunst soll mehr sein als nur Spielwerk. Sie soll persönlich, echt und überzeugend klingen – „authentisch“, würde man heute wohl sagen.

Die Philharmoniker und Dirigent Wouter Padberg am Cembalo, sie machten das letzte Saisonkonzert von „Klassik um 11“ zu einem eindrucksvollen Forum für den Stil des zweiten Bach-Sohns und preußischen Kammercembalisten – energisch, aber nicht sperrig, gefühlsstark und doch mit einer gewissen Eleganz. Das ist keine Musik zur höheren Ehre eines Monarchen, sondern Ausdruck einer starken, bürgerlichen Persönlichkeit.

Wenn dann nach dem Orchestervorspiel die Solistin einsetzt, dann gibt es zum Staunen den zweiten Anlass. Lea Reutlingers Cello klingt, als habe Bach das Konzert eigens für sie geschrieben. Alles passt. Der runde, volle Ton der Solistin fügt sich perfekt zum erstaunlich farbenreichen Orchester. Und weil Padberg und die korrespondierenden Philharmoniker hellhörig bei der Sache sind, gelingt eine Interpretation wie aus einem Guss. Wie eindringlich der langsame Mittelsatz!

„Largo con sordini, mesto“ schreibt der Komponist vor – „Largo mit Dämpfer, betrübt“. Da schlägt die anfangs kernige Stimmung um, wird sanfter, inniger und zärtlicher. Es ist die „Empfindsamkeit“, die der Epoche den Namen gab. Und während Lea Reutlinger in den Ecksätzen mit Fülle und Intensität glänzte, da findet sie jetzt untrüglich sicher den weichen Klang und den lyrischen Tonfall – die „Seele“ dieser Musik.

Die Begeisterung war groß unter den 150 Besuchern in der Promotionsaula. Und Lea Reutlinger spielte eine wunderbare Zugabe. Täuschen wir uns? Es war die Sarabande von Vater Johann Sebastian Bach, mit der Rostropovitch 1989 an der geöffneten Berliner Mauer die neue Freiheit begrüßt hatte.

Vielleicht wartete das übrige Programm nicht mit der Profilstärke wie bei Bach auf, hörenswert war es allemal. Wouter Padberg suchte nicht nach Akzenten. Seine sparsame Gestik gab dem Orchester die Freiheit, eigenständig und frei von Forcierungen zu musizieren. Das zahlte sich aus. So klangen bei Boccherinis Sinfonie im konventionellen Tonfall doch einige eigenständige Moll-Einsprengsel mit. Gottfried von Einems „Concerto carintico“ entfaltete einen polyphonen Streichersatz von großer lyrischer Dichte.

Nur Friedemann Bachs Adagio und Fuge d-Moll verbiss sich bei den Interpreten in kontrapunktisch-gelehrte Details und kam musikalisch nicht recht vom Fleck. Wie gut, dass Wouter Padberg noch eine Zugabe parat hatte. Mit seiner berühmten Air demonstrierte Vater Bach jedenfalls, dass er in seinem Haus immer noch die Nummer eins war.

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