Von Drohnen-Eltern und Gemüse-Taliban: Kabarettist Florian Schroeder in Gerolstein

Gerolstein · Wenn Politiker wie Günther Oettinger Reden halten, die als Parodie ihrer selbst durchgehen können, dann haben Kabarettisten schwere Zeiten. Dass sie dennoch als Beobachter, Analysten und Kommentatoren von Gesellschaft und Politik gebraucht werden, hat Florian Schroeder am Donnerstag in Gerolstein demonstriert.

 Florian Schroeder im Gerolsteiner Lokschuppen. TV-Foto: Daniel John

Florian Schroeder im Gerolsteiner Lokschuppen. TV-Foto: Daniel John

Foto: Daniel John (daj) ("TV-Upload John"

Gerolstein. "Die können ja gar nichts, nicht mal unsere Sprache, wenn die hier ankommen", ereifert sich Florian Schroeder. "Jahrelang liegen die uns auf der Tasche!" Was den Kabarettisten so in Rage bringt, ist die um fünf Prozent gestiegene Zahl der Neugeborenen. Und weil sie später "uns Älteren die Arbeitsplätze wegnehmen", fordert er in bester Seehofer-Manier eine Obergrenze: "Wir können nicht jedes Jahr eine Million Kinder aufnehmen, nur weil die hier geboren sind!" Dann lieber doch Syrer.

Dabei hat der Abend so harmlos begonnen: mit ein paar Anekdoten von der beschwerlichen Anreise nach Gerolstein, Schienenersatzverkehr inklusive, und mit der verwirrenden Auswahl im Shampoo-Regal von Resist X3 bis Repair Extreme. "Entscheidet euch!", fordert Schroeder mit dem Titel seines Programms. Doch das ist gar nicht so einfach zwischen dem Streben nach Optimierung und der Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen. Nicht nur beim Shampoo oder dem Notebook, sondern auch im Beruf oder bei der Partnerwahl.

Schroeder, der Germanistik und Philosophie studiert hat, witzelt und kalauert, parodiert Angela Merkel und Winfried Kretschmann, vor allem aber analysiert er mit scharfem Verstand und spitzer Zunge politische und gesellschaftliche Zustände. "Eine Entscheidung ohne Alternative ist keine Entscheidung, sondern eine Notwendigkeit", erklärt er. Eine Kanzlerin, die ihre Entscheidungen als "alternativlos" darstellt, dürfe sich daher nicht wundern, wenn plötzlich eine "Alternative für Deutschland" entsteht.

Schroeder, für den Freiheit mehr ist als Gluten- oder Laktosefreiheit, prangert staatliche Überwachung ebenso an wie "Drohnen-Eltern" und vegane "Gemüse-Taliban" - kurzum jede Form von Bevormundung.
Als Kabarettist hebt Schroeder sich ab von Comedians wie Mario Barth, den er mit seiner Parodie ins Lächerliche ziehen würde - wäre dieser nicht ohnehin schon längst dort angekommen. Anders als Barth füllt er allerdings keine großen Arenen. Den nur rund 80 Besuchern in der Lounge des Gerolsteiner Lokschuppens kann es egal sein - sie haben einen kurzweiligen, aber auch nachdenklich machenden Abend verbracht.daj

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