Von innerer Freiheit in finsterer Zeit

Trier/Luxemburg · In ihrem Atelier im Trierer Hafen entstehen Theaterstücke, die in ganz Deutschland für ausverkaufte Säle sorgen: Das Künstlerpaar Martina Roth und Johannes Conen gehört zu den erfolgreichsten und produktivsten Akteuren der freien Szene in Trier. Heute Abend, 20 Uhr, wird mit "Die Frau und die Stadt" ihre siebte Produktion im Luxemburger Kapuzinertheater uraufgeführt.

Von innerer Freiheit in finsterer Zeit
Foto: (g_kultur

Trier/Luxemburg. Schritt für Schritt durch eine Berliner Nacht im Jahr 1943. Fest im Blick: die erleuchtete Siegessäule. Am Ende dieses Weges wird ein Selbstmord stehen, so viel scheint sicher zu sein. Die Erzählung "Die Frau und die Stadt" beschreibt eine fiktive Nacht im Leben der deutsch-jüdischen Dichterin Gertrud Kolmar, aufgeschrieben von Gerlind Reinshagen. Was rettet ein Künstler in finsterer Zeit? Sein Leben? Sein Werk? Um diese Frage bewegt sich der Text, den das Trierer Künstlerpaar Martina Roth und Johannes Conen zum Ausgangspunkt für die eigene künstlerische Arbeit gemacht hat.
"Für uns ist der wesentliche Aspekt des Stückes die Frage nach innerer Freiheit", erklärt Schauspielerin Roth, die sich in der Vorbereitung intensiv mit dem Leben der wortgewandten Gertrud Kolmar beschäftigt hat, insbesondere mit ihren letzten Jahren, als sie als Zwangsarbeiterin unter unmenschlichen Bedingungen in einer Rüstungsfabrik eingesetzt wurde. "Dass sie in dieser Lage die Kraft aufbrachte, ihr künstlerisches Schaffen fortzuführen - eigentlich unglaublich."
Freiheit und geistige Unabhängigkeit - diese Aspekte sind auch für die Arbeit des Theaterduos zentral. Beide hatten Karrieren an den großen Bühnen der Republik hinter sich, als sie sich zusammentaten und so zu einem schlagkräftigen Team geworden sind: Schauspiel, Regie, Bühnenbild und Kostüm, aber auch Öffentlichkeitsarbeit, Technik, Schreinerei und Tourneeplanung - alles betreiben sie in Eigenregie. Mit ihrem Bewegtbildtheater schufen sie eine neue Präsentationsform für die Bühne: Die Schauspielerin Roth agiert inmitten von Bildschirmen und Projektionen, quasi im Dialog mit einem inneren Ich oder ihrem eigenen Spiegelbild.
Nachdem das Paar in den vergangenen acht Jahren parallel zum Tagesgeschäft fast jährlich eine neue aufwendige Produktion präsentiert hat, tourt es im nächsten Jahr ausschließlich mit den Stücken aus dem Repertoire - und wird damit gut beschäftigt sein, denn die Nachfrage ist groß.
"Die Frau und die Stadt" ist nach den Produktionen "Herzkeime" und "Ich bin ein Kontinent" der Abschluss einer Trilogie über Frauenschicksale in der Schoah, zu der Roth und Conen durch die Trierer Anne-Frank-Ausstellung inspiriert worden waren. Aber auch ein weiterer Kreis schließt sich mit dieser Uraufführung: Vor acht Jahren war es der luxemburgische Intendant Frank Feitler, der Roth und Conen für ihr erstes Stück seine Bühne anbot. Seitdem wurden die Produktionen des Bewegtbildtheaters stets dort gezeigt, bevor sie auf Tournee durch den deutschsprachigen Raum gingen. Mit dem Ende der laufenden Spielzeit wird Feitler sich in den Ruhestand verabschieden - zum Bedauern vieler Theaterfreunde in der Großregion. "Wir sind glücklich darüber, dass wir in seiner letzten Saison dabei sind", sagt Conen. Karten für die Uraufführung im Kapuzinertheater gibt es im TV-Service-Center Trier. Im Oktober wird es eine weitere Aufführung in der Europäischen Kunstakademie Trier geben.

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