Von Komaschorsch und Filmriss-Saufen

Trier · Mit deftigem Humor und gesellschaftskritischen Einsprengseln unterhält Michael Mittermeier auf seiner "Blackout"-Tour 2500 Zuschauer in der Arena. Nicht alle Pointen ziehen. Der bayerische Comedian hat seine Schwierigkeiten, mit den "Moselanern" richtig warm zu werden.

 Wenig überraschend: Michael Mittermeier in der Arena TV-Foto: Rolf Lorig

Wenig überraschend: Michael Mittermeier in der Arena TV-Foto: Rolf Lorig

Trier. Mittermeier kennt vor allem einen Blackout, den "Saufblackout". Für ihn, Jahrgang 1966, hatten die Achtziger, in denen er seine Blackouts sammelte, einen entscheidenden Vorteil: Es gab kein Internet. Den Maximalschaden solcher Abstürze schafft nämlich erst Youtube, das Videos um die Welt schickt wie das vom nackten Tänzer, der beim Betriebsfest mit einer Feder im Po den Tisch wischt.
Wer Mittermeier zusieht, braucht kein Youtube, um Bilder seiner Exzesse vor Augen zu haben. Wie er und seine Kumpels den ersten von ihnen, der bewusstlos umfiel, unter der Titulierung "Komaschorsch" mit Wienerwurst im Hosenstall und Senf auf den Brillengläsern "schmückten". Wie sie anstelle eines anonymen Shitstorms dem Hausmeister ihrer Schule das namengebende Äquivalent des Internetphänomens in natürlicher Ausgangsform ganz persönlich vor der Haustür hinterließen. Mittermeier nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.
Mit Anekdoten aus den Achtzigern, die er brillant erzählt, räumt er die meisten Lacher ab. Wie mit dem Konzert der Toten Hosen, bei dem seine Versuche, bajuwarischen Hinterwäldlern Punk und Pogo zu erklären, neben Blackouts auch Knockouts verursachten. Im Beschreiben von schrägen Typen und dem Wiederauflebenlassen skurriler Szenen sammelt Mittermeier Punkte. Er versucht sich auch als Imitator, nimmt Oliver Kahn und den sächsischen Dialekt aufs Korn, aber das können andere besser.
Inhaltlich ist das Programm dürftig. Wenig Überraschendes liegt in Mittermeiers Gags. Gerne greift er in die Humor-Schublade unter der Gürtellinie. In Angela Merkels Finger-Raute sieht er beispielsweise eine Vagina, es folgen schale Herrenwitze, Rülpsen, obszöne Zungenakrobatik und Stinkefinger.
Außer Merkel bekommen Helene Fischer, Andrea Berg, der Limburger Bischof Tebartz-van Elst und Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin ihr Fett weg. Ratzinger ist sein Vorbild in Sachen Pensionierung: "Du spielst noch einen letzten Gag vor 10 000 Zuschauern, danach holt dich ein weißer Hubschrauber ab und fliegt dich in ein Nonnenkloster."
Mittermeier hat seinen Humor auf die breite Masse angelegt und spickt ihn mit Botschaften: Atomkraft nein danke, her mit einer rigorosen Bankenkontrolle, Nazis raus, nie wieder Krieg, Fleischskandale sind eine Sauerei. Häppchen fürs Hirn liefert er zwischendurch mit Bildungsexkursen. Er spricht Latein und erklärt mit einem Ausflug in die griechische Mythologie, wie es zum Krieg um Troja kam. Wenn die schönste Frau der Welt Kriege entfachen kann, ist sich Mittermeier sicher, "sehen wir mit unserer Kanzlerin friedlichen Zeiten entgegen".
Versuche, mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen, versanden wie manche seiner Pointen. Wenn er bei künftigen Auftritten Trier zitieren wird, dann sind es die Getränkenamen, die bei ihm hängengeblieben sein werden: "Hütchen", "Drecksack" und "U-Boot". Weicheier-Getränke seien das, nichts für einen Bayern, der beim ersten staatlich organisierten Massenblackout, dem Oktoberfest, trainiert, belächelt Mittermeier die Moselaner.

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