Von Männern und Mähern

Trier · Mit Klavier- und Akkordeonbegleitung erklärt der Kabarettist Axel Pätz die Welt satirisch spitz und höchst unterhaltsam. In Trier trat er in der Tufa-Reihe "Pianissimo? Nö!" auf.

Trier Wann ist der Mann ein Mann? Seit Mittwoch wissen wir's: Wenn er auf seinem Aufsitzrasenmäher über das abrasierte Grün brettert und ihn der schnaubende Boden in eine undurchdringliche Staubwolke hüllt. Über das erotische Verhältnis von Mann und Mähtraktor klärte Axel Pätz sein erwartungsvolles Publikum dieser Tage in der Trierer Tufa auf. Aber nicht nur darüber.
Nach dem Motto "Alles was Sie schon immer verdrängt haben, muss raus" betätigte sich der Kabarettist aus dem Norden als Tieftaucher in die Abgründe menschlicher Wirklichkeit. Was der kabarettistische Spätzünder, der gleich beim Start vor einigen Jahren als satirischer Shooting-Star abging, an menschlicher Komödie und ganz normalem Wahnsinn in seiner "Realipäthstheorie" zusammenfasste, war satirisch spitz, manchmal schwarz, immer hellsichtig und höchst unterhaltsam. Gelegentlich erwies sich der Mann mit dem oft grimmigen Blick sogar als zartbesaiteter Poet.
Es sind schon existenzielle Fragen, die der Meister des Tastenkabaretts, soll heißen Kabarett mit Klavier- und Akkordeon-Begleitung, in seine "Paradoxien" und "Axeliomen" als Welterklärung verbastelt hat.
Vom Urknall über die Schöpfungsgeschichte, dem steinzeitlichen Baumarkt bis zu neuzeitlichen Katastrophen wie "Handy im Klo" reichte das Spektrum. Zuweilen finster blickend, was fraglos manchmal nötig ist, aber schwungvoll stellte sich der Absolvent der Hamburger Musikhochschule selbst delikatesten Fragen. Wie etwa der, ob die verblichenen und im Garten verbuddelten Geliebten und Ehefrauen treffend als "Unkraut-Ex" zu bezeichnen sind. Die Frage musste offen bleiben.
Künftig hat auch der Kabarettist wie jedermann seine "Leichen im Keller". Pätz' Theorie vom wirklichen Leben ist umfassend. Um Helikopter-Mütter und ihre desinfizierten Kinder ging es, deren Lieblingseis "Erdbeer mit Sagrotan" ist. Vom Eigenleben selbstfahrender Autos und den Vorteilen des Schubladendenkens erfuhr das Publikum wie von der uneinsichtigen Natur, die der Zivilisation nur Probleme macht und überall ihren Urwald ausbreiten will. Sogar am Flugplatz Hahn wüsste der Mensch das nicht zu verhindern. Wobei sich Pätz nicht sicher war, ob ein Urwald am Hahn wirklich so schlecht sei. Wer es noch nicht wusste: Das Provisorium ist nach Pätz' Weltformel, bei deren Entwicklung er sich auf Vorläufer von Einstein bis Schweinsteiger beruft, die dauerhafteste aller Einrichtungen. Ahnten wir's doch längst beim Blick auf unaufgeräumte Beziehungen und Küchen.
Was für ein flottes Attribut Gehhilfen sein können, demonstrierte der kabarettistische Existenztheoretiker umwerfend mit seinem Rollator-Tango. Keine Kabarett ohne Social Media, auch nicht Pätz' Tastenkabarett. Wer sammelt heute denn noch still seinen Müll ein? Völlig out, lernten Pätz' Zuhörer. Mittels Facebook, Twitter, Foren wie "gutefrage" und Online-Petitionen wird die alltägliche Entsorgung zum globalen Ereignis, sogar zur Weltrevolution, und das alles ganz bequem vom Sofa aus. Ein herrlich heiterer, erhellender Abend, der die wichtigste Erkenntnis in Pätz' Theorie von der widersprüchlichen Wirklichkeit einmal mehr bestätigte: Das Leben ist alles Mögliche, nur nicht schwarz-weiß. Apropos Katastrophen: Zu den schlimmen gehört nach Pätz auch die, an einem Frühlingstag mit Biergartenwetter Theaterkarten zu haben. Dieser waren aber zum Glück am Mittwoch die meisten Trierer zumindest in der Tufa entgangen. Der Saal war nur halb voll.

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