Von New Orleans nach Trier

Die ,,Barrelhouse Jazzband" spielte zum Fronleichnams-Frühschoppen im Brunnenhof auf. Deutschlands populärste und älteste Combo des klassischen Jazz bietet bei kalten Temperaturen eine spannende Reise durch die umfassende Geschichte der Musikrichtung.

 Publikumsnah: Reimer von Essen und seine Barrelhouse Jazzband bringen Sommerlaune unters Publikum im Brunnenhof. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Publikumsnah: Reimer von Essen und seine Barrelhouse Jazzband bringen Sommerlaune unters Publikum im Brunnenhof. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. Bereits seit 56 Jahren besteht die ,,Barrelhouse Jazzband" aus dem Hessen, wie Stefan Zawar-Schlegel, Mitglied des Vorstands des veranstaltenden Jazz-Clubs Trier, bei der Vorstellung der Gäste beim traditionellen Fronleichnams-Frühschoppen erläutert. Reimer von Essen, der Bandleader (Klarinette, Altsaxofon, Gesang) des Septetts, begrüßt in einer kurzen Ansprache das Publikum im Brunnenhof auf Latein und sagt dann, dass der Fronleichnams-Auftritt der ,,Barrelhouse Jazzband" das erste Konzert des 56 Jahre bestehenden Ensembles in der alten Römerstadt Trier sei.

Anzug anstatt Hawaii-Hemd



Es müsse aber ja jetzt bis zum nächsten nicht mehr so lange dauern... Nicht etwa in Hawaii-Hemden, sondern im dunklen Anzug präsentieren sich die Musiker dann beim Open-Air-Konzert im Brunnenhof, die Zuhörer bestellen zunächst - bei stets bangem Blick zum Himmel - lieber einen wärmenden Kaffee als die üblichen kalten, alkoholhaltigen Frühschoppen-Getränke. Dann bietet die Gruppe ein über zweistündiges Programm, das nicht nur bekannte Titel der großen Meister des sogenannten ,,schwarzen" Jazz aus den 20er bis 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts umfasst (etwa von Jelly Roll Morton, Duke Ellington oder James P. Johnson), sondern auch eigene Kompositionen der Band-Mitglieder Horst Schwarz (Trompete, Posaune, Gesang) wie etwa ,,The Barrelhouse Showboat" oder des Pianisten Jan Luley . Höhepunkte des Konzerts sind unzweifelhaft James P. Johnsons ,,Old fashioned love" aus der ,,Revue Nègre" von Josephine Baker, ursprünglich eine Ballade, die von den vielen Bands, die sie in ihr Programm aufnahmen, aber immer schneller gespielt wurde. Die ,,Barrelhouse Jazzband" beginnt den Titel getragen balladesk, steigert im Mittelteil das Tempo und kehrt dann wieder zur Ballade zurück. Toll! Informativ immer wieder die - auch sehr unterhaltsamen - Moderationen Reimar van Essens, der die Geschichte des Jazz über die Keimzellen in der kreolischen Musik (auf Guadeloupe oder Martinique) und den Gospels wiedergibt, Das siebenköpfige Ensemble lässt mit seiner unbändigen Spielfreude die Lebendigkeit dieser Musik beim Publikum ,,ankommen". Fantastisch auch der Dixieland-Titel ,,That's a plenty" von ,,Chick" Webb noch vor der Pause: Die von der ,,Barrelhouse Jazzband" gebotene musikalische Bandbreite ist enorm! Sehr gut kommt auch die Nummer an, in der Bandleader von Essen Klarinette spielend die Bühne verlässt und sich unter die Zuhörer mischt, während seine Mitmusiker "oben" weitermachen. Erstmals ins Rampenlicht kommt Pianist Jan Luley, als er Thomas ,,Fats" Wallers Stück ,,I'm crazy `'bout my baby" - stark vom Publikum umjubelt - singt

Überzeugende Soli



Es folgen Duke Ellingtons eng an die Gospelmusik des ,,schwarzen" Südens angelehnter Titel ,,Out South" sowie der aus der Feder von Bandmitglied Horst Schwarz stammende Song ,,Take me to the Mardi Gras", der heute in New Orleans von vielen ,,Brass Bands" intoniert wird. Neben den bereits genannten stellen auch die übrigen Bandmitglieder Michael Ehret am Schlagzeug, Roman Klöcker an Banjo und Gitarre sowie Kontrabassist Cliff Soden und Frank Selten an Saxofonen und Klarinetten ihre Virtuosität immer wieder durch überzeugende Soli unter Beweis. Zum Abschluss kommt Deutschlands populärste Band des klassischen Jazz dann beim Blues an, speziell beim Stück "The blues keep callin'" und dem von Pianist Luley geschriebenen Boogie-Woogie-Titel "Boogie für Mr Haha". Als Zugabe bietet die ,,Barrelhouse Jazzband" einen schmissigen Titel, bei dem sich alle Bläser ins Publikum begeben und nach Beifall des Publikums das Konzert beenden.

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