Gerolstein. Sehen Sie es Ihrem Chef, dem Hauswart, dem Nachbarn, dem Haustyrannen, der Ehefrau und allen Leserbriefschreibern nach: Hinter deren Dauernörgeln, Zurechtweisen, Besserwissen und cholerischen Ausbrüchen steckt jahrelange Arbeit, akribische Vorbereitung, mentales Training, Übung, Übung, Übung - und ein hehres Ziel. Denn, so Hans-Joachim Heist: "Ohne Beschwerde kein Fortschritt." Und: "Jeder Tag ohne cholerischen Ausraster ist ein verlorener Tag."
Demnach hat Heist, der wöchentlich im Fernsehen als Gernot Hassknecht den Berufscholeriker gibt und besonders unseren Politikern und anderen Abgedrehten die Meinung geigt, schon viel für sich und fürs Fortkommen der Gesellschaft getan.
Aber alleine ist er überfordert, braucht Mitstreiter. Daher gibt er Nachhilfe. In Gerolstein rund 500 Gästen aus der gesamten Region.
Hassknechts Masche zieht: höflich Anrede, ruhige einleitende Worte, ein Hauch von Verständnis. Und dann plötzlich die Explosion. Mit einer rhetorischen Frage wie "Seid Ihr noch ganz dicht?" oder "Geht\'s noch?" oder noch direkter: "Am Arsch!" Und dann rastet er mit hochrotem Kopf und etwa 100 Dezibel aus, brüllt heraus, was gerade genau schiefläuft. Und trifft den Punkt. "Sind die Brüsseler Bürokraten noch ganz dicht? Führen die Iban-Nummer ein, wo ich 30 Jahre gebraucht habe, um mir meine Kontonummer zu merken." Auch Merkel, Gabriel, Gysi, van Elst kriegen ihr Fett weg, die Jugend, die sozialen Netzwerke sowie das Nachmittagsprogramm von RTL und SAT1 ("Assis machen für Assis Fernsehen.").
Aber als Neuling sollte man klein anfangen. Sein Tipp (für Leute, die noch nicht so versiert sind oder noch Chef werden wollen): "Regen Sie sich schon über Kleinigkeiten auf. Schreien Sie Hundebesitzer an, die ihren Köter frei herumlaufen lassen. Pöbeln Sie beim Bäcker, wenn das Brötchen zu klein ist! Und fahren Sie Auto. Ist herrlich zum Aufregen."
Mit seiner Lehrstunde in Sachen cholerische Ausbrüche scheint Hassknecht eine Marktlücke zu füllen: Die Halle war voll, der Kurs ausgebucht. Die am Montagmorgen im Job, am Telefon, vom Nachbarn übliche Frage "Na, was haben Sie am Wochenende so gemacht?" könnte interessant werden. mh
Hans-Joachim Heist tritt am Samstag, 27. September, 20 Uhr, in der Europahalle Trier auf.
Extra

Tipps von Gernot Hassknecht: Vorbereitung: Augen weit aufreißen, sich die Farbe Rot vorstellen, hektisch schnaufen und dann laut "ha!" schreien. Ernährung: Sie muss auf jeden Fall bluthochdruckfördernd sein. Mindestens 80 Prozent tierische Produkte, am besten sehr blutig. Dazu ein schwerer Rotwein. Bewusster Verzicht: Kein Mensch braucht Rhabarbersaft-Schorle. Hassknecht: "Rhabarber reißt man aus und schmeißt ihn weg!" Grundregel: Ausgewogenheit ist scheiße. mh