Von Walfamilien, Mopeds und Affenhäusern

Ein Cellist, ein Orchester, ein Rockkonzert: Zum dritten Weltmusik-Konzert hat sich das Philharmonische Orchester der Stadt Trier auf eine Zusammenarbeit mit dem Cellisten Wolfram Huschke eingelassen.

Trier. Ein Cello wird mit einem Bogen gespielt? Von wegen. Der Cellist Wolfram Huschke klopft und schlägt auf die Saiten, kratzt an ihnen, schmiert und zupft sie; er trommelt auf seinem Cello, streift, streichelt es. "Rock'n Cello" lautet das Motto am Donnerstagabend im Trierer Theater. Ein Rockkonzert mit dem Philharmonischen Orchester der Stadt Trier? Ein Elektrocello kombiniert mit Streichern und Bläsern? Generalmusikdirektor Victor Puhl hat es mit seiner Truppe umgesetzt.

Zu Beginn wählt Huschke den Weg von oben durch die spärlich besetzten Publikumsreihen. Weniger als die Hälfte der Plätze ist an diesem Abend besetzt - dafür aber mit einem überraschend gemischten Publikum. Sein Stück "Synkopi-Kuss" kündigt der 44-Jährige mit dem Satz an: "Ich glaube, man hätte es auch ,Synkopen' nennen können, aber ,Synkopi-Kuss', das klingt doch gleich viel persönlicher." Und intim und persönlich ist dieses Konzert im Großen Haus, aber im kleinen Kreis dann wirklich.

Ob akustisches oder elektrisches Cello - Huschke sucht den Blickkontakt mit seinen Zuhörern, zieht Grimassen zum jeweiligen Ausdruck der Musik, zieht in seinen Bann. "Sie brauchen keine Angst zu haben, wenn es lauter wird: Es tut nicht weh, es tut höchstens gut." Und dann rockt er das Theater Trier. Mit einem Effekt-Gerät kann er die unterschiedlichsten Klänge kreieren: Er lässt Walfamilien und schreiende Möwen am Strand erklingen; hier fährt ein musikalisches Moped, dort lacht eine Frau hysterisch. All das schafft er mit seinem Cello. In seinem Repertoire: sphärische Klänge ("Schwebung") und harte rockige Soli ("Crossroads"), orientalische Musik, die flimmernde Wüstenhitze auferstehen lässt ("Sonnentrübe"), und Big-Band-Sound ("Geburtstag"), Techno-Rhythmen mit verzerrten Stimmen ("Ewiger Krieg") und mittelalterliche Melodien plus Cembalo-Unterstützung ("Zeitsprung").

Die Kombination mit dem Orchester ist ebenfalls sehr reizvoll. Auch wenn die Trierer Musiker anfangs bemüht wirken und dem Cellisten musikalisch hinterherhinken, stimmen sie sich im Lauf des zweieinhalbstündigen Konzerts aufeinander ein. Überzeugen kann das Orchester auch allein - mit Peter Warlocks "Capriol suite".

Herausragend: die Duette von Huschke mit Fred Boden am Schlagzeug ("Gailer Krach" - ja, mit A geschrieben). Hier erlebt das Publikum zwei Musiker, die Freude am Austesten ihrer Instrumente und der musikalischen Möglichkeiten haben. Der gebürtige Weimarer begeistert das Publikum, das am Schluss vier Zugaben fordert, auch mit seinem komödiantischen Talent, so dass die Lachtränen gar nicht mehr aufhören zu fließen ("Affenhaus"). Schade nur, dass - der Mimik nach geurteilt - ausschließlich ein Teil des Orchesters ebenfalls Spaß hatte.

Ach, und übrigens: Ein Cello mit einem Bogen zu spielen, geht natürlich auch.

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