Vorgeschmack aufs Paradies

Trier. Mit einem grandiosen Chorkonzert beendeten die Mosel Festwochen im Trierer Dom ihre Spielzeit. Insgesamt sieben Chöre hatten sich unter dem Dach des Festivals zusammen getan, um logistisch wie musikalisch eine Meisterleistung zu vollbringen.

Der Trierer Dom ist nicht gerade klein, was das Fassungsvermögen an Besuchern angeht. Zum Abschlusskonzert der diesjährigen Mosel Festwochen hatte man ihn überall, wo es noch irgendwie feuerpolizeilich vertretbar war, mit zusätzlichen Sitzgelegenheiten versehen. Trotzdem reichte es nicht. Hermann Lewen, Intendant des Moselfestivals, musste noch Stehplätze anbieten, um dem Besucheransturm Herr zu werden. Eine beeindruckende Kulisse, als Lewen das Publikum begrüßte und für die zu Ende gehende Spielzeit eine positive Bilanz ziehen konnte. In über 70 Konzerten hatten sich mehr als 23 000 Besucher eingefunden. Einen würdigen Abschluss sollte nun das Konzert "Very British" mit seinen Höhepunkten englischer Kathedralmusik werden, an dem, so Lewen, über 250 Mitwirkende beteiligt waren. Es ist die vornehmste Aufgabe einer Rezension, nach einem Konzert das zu loben, was geglückt ist, und den Finger in die Wunden des missglückten zu legen. Manchmal kann es aber auch notwendig sein, dass man ein Wort des Dankes ausspricht an all diejenigen, die ein Konzert auf die Beine gestellt haben, das für Publikum und auch den Rezensenten eine wahre Sternstunde wurde. Das geschieht selten, im Trierer Dom aber war das der Fall. Insgesamt sieben Chöre hatten sich ganz oder teilweise zusammen getan, um einen beeindruckenden Streifzug durch die Chorliteratur der britischen Inseln vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu wagen. Dreh und Angelpunkt war selbstverständlich die Komposition "Spem in alium" für acht fünfstimmige Chöre a Capella von Thomas Tallis. Schon logistisch war die Zusammenführung dieser 40 Stimmen eine Meisterleistung, bewerkstelligt durch die beiden Protagonisten des Konzertes, Domkapellmeister Stefan Rommelspacher und dem Kantor der Konstantinbasilika, Martin Bambauer, sowie den acht Subdirigenten. Wenn es stimmt, dass das himmlischen Jerusalem angefüllt ist mit einem nicht enden wollenden Lobpreis Gottes, dann war diese Aufführung ein Vorgeschmack dessen, was man dort erwarten kann. Die acht Chöre waren rund um das Publikum des Hauptschiffes postiert und folgten dem Dirigat der beiden Kantoren, die ihren Platz im Hauptgang des Domes hatten. Dazu hatte jeder Chor seinen eigenen Leiter, der für die Einsätze der einzelnen Stimmen verantwortlich zeichnete. Eingebettet war dieses Werk, zu dem sich der Domchor, der Trierer Bachchor, der "Andere Chor Dillingen", Bambauers "Caspar-Olevian-Chor", der Vokalkreis Konz, der Männerkammerchor "ensemble 85" und Mitglieder des Friedrich-Spee-Chores zusammengetan hatten, in verschiedenste Kompositionen englischer Literatur.Effektvolle Unterstützung von Josef Still

Die Werke wurden in durch und durch überzeugender Weise interpretiert, teilweise sehr effektvoll und authentisch unterstützt von Domorganist Josef Still. Einen Höhepunkt bildeten "Magnificat" und "Nunc dimittis" von Charles Stanford. Diese Komposition zum anglikanischen Evensong wurde durch die glanzvolle Sopranistin Eva Leonardy und den sehr emphatischen Bariton Alexander Lauer bereichert. John Rutters Psalm 150 und sein wuchtiges Gloria erfordern zu Chor und Orgel noch ein Bläserensemble, dessen Part die ausgezeichnet vorbereiteten Mainzer Dombläser übernommen hatten. Jubelnden, stehenden Applaus gab es für ein Konzert, das in mehrfacher Hinsicht bedeutungsschwer war. Neben dem musikalischen Hochgenuss wurde die Zusammenarbeit einer neuen, jungen Generation von Chorleitern und ihren Chören über alle konfessionellen und sonstigen Grenzen hinweg gewürdigt, die es in dieser Form noch nicht gab. Sie gab ein beredtes Zeugnis vom musikalischen Potenzial der Stadt Trier. Auch das ein Erfolg, den sich die Mosel Festwochen in aller Ehre an die Fahnen heften kann.

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