Vorhang auf mit Doppelspitze

Trier · Der Generalintendant des Trierer Theaters heißt bis Mitte 2020 Karl M. Sibelius. Nach der Vertragsunterzeichnung spricht der 47-Jährige im TV erstmals auch über die Zusammenarbeit mit dem künftigen kaufmännischen Direktor an seiner Seite.

 Foto: TV-Archiv

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Trier. Das ging schnell: Nur einen Tag nach dem Beschluss im Steuerungsausschuss des Trierer Stadtrats (der TV berichtete am Donnerstag) meldet die Verwaltung Vollzug. Karl Sibelius und Kulturdezernent Thomas Egger haben im Rathaus Sibelius' neuen Arbeitsvertrag mit einer Laufzeit bis 31. Juli 2020 unterzeichnet. Wesentlichster Unterschied zur ersten Saison unter Sibelius' Leitung: Künftig steht ihm in administrativen, organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten ein kaufmännischer Direktor gleichberechtigt zur Seite. Stadt-Pressesprecher Hans-Günther Lanfer: "In künstlerischen Fragen entscheidet der Generalintendant weiterhin allein."
Das Theater hatte das Kalenderjahr 2015 - von Sibelius nur teilweise zu verantworten - mit einem Minus von 1,3 Millionen Euro abgeschlossen. Für 2016 deutete sich ein Defizit in gleicher Höhe an. Auf Vorschlag von Oberbürgermeister (OB) Wolfram Leibe zog der Stadtrat die Notbremse und kehrte zum System einer Doppelspitze zurück.
"Ich sehe das nicht als Entmachtung", betont Sibelius auf TV-Anfrage.
Karl Sibelius über
… die Vertragsdauer: "Mein Vertrag wäre zwar am 31. Juli nach einem Jahr ausgelaufen. Aber die Stadt hatte mich von Anfang an für fünf Jahre nach Trier geholt. Es ging lediglich darum, die Zeit bis zur Umstellung auf die neue Rechtsform des Theaters als Anstalt öffentlichen Rechts zu überbrücken. Dann wurde zwischenzeitlich alles in Frage gestellt."

… die Leitung der Schauspiel sparte in Personalunion nach der Entlassung von Ulf Frötzschner: "Unter meinem Vorgänger Gerhard Weber gab es auch keinen eigenen Schauspieldirektor. Ich bin froh, das Schauspiel nun mitzuverantworten."

… die Finanzprobleme: "Das Minus wurde schon vor Jahren vorhergesagt. Wir arbeiten mit einem engen Korsett. Ich setze auf das nötige Vertrauen, um Dinge verändern zu können. Einem neuen Intendanten muss man drei Jahre geben."

… über Diskussionen und Dauerkritik: "Ich habe viele gute Gespräche geführt mit OB, Dezernent und Politikern. Von außen über die Medien kamen ständig Störungen. Es wird Zeit, den Fokus auf die Kunst zu legen."
… die Mitarbeiter im Theater: "Es gibt eine Riesensolidarität im Haus. Das alles hat uns zusammengeschweißt. Wir haben einen super Spielplan 2016/17 und tolle Künstler."

… den künftigen kaufmännischen Direktor: "Nächste Woche soll die Ausschreibung erfolgen, Ende August könnten Kandidaten eingeladen werden. Wunschtermin zum Dienstantritt ist der 1. Oktober. Ich bin froh, wenn die Entlastung kommt. Wir werden gemeinsam schauen, was wir verbessern können. Auch das Rechnungsprüfungsamt unterstützt uns dabei."Meinung

Zweite Chance für Mission Trier
Karl Sibelius hat die Trierer Theaterwelt erschüttert - im positiven wie im negativen Sinn. Unter dem großen künstlerischen Anspruch und Aufbruch gerieten die Finanzen aus dem Blick. Das müssen sich auch Kulturdezernent und Stadtrat ankreiden. Nach öffentlichem Dauerfeuer und einem Machtwort des OB folgte die Rolle rückwärts. Eine Doppelspitze ist keine perfekte Lösung, bietet aber die Aussicht auf nüchternes Rechnen als Ausgleich zur künstlerischen Begeisterung. Der Intendant hat die neue Aufgabenteilung offenbar akzeptiert und so verstanden, dass sie ihm ein Stück weit den Rücken freihalten kann, um seine Mission Trier fortsetzen zu können. Er hat viel Kritik einstecken müssen, will sich aber durchbeißen und zeigen, was er und sein Team drauf haben. Der Stadtrat gibt Karl Sibelius die zweite Chance. Jetzt kann und muss er beweisen, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Für die Kultur Triers und der Region wäre ein nachhaltig erfolgreiches Theater wichtig. m.hormes@volksfreund.de

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