Wach gerüttelt

Die Liebesbriefe an Hitler erklären nicht die Ursachen des Holocausts. Sie belegen eine Facette des totalitären Regimes: Dass Mütter Adolf Hitler gottgleich anbeteten und ihn sexuell begehrten. Das Theaterprojekt, das die Briefe in einen künstlerischen Rahmen stellen und werten wird, will sicher den Irrsinn der Zeit bewusst machen.

Bewusst und nicht gedankenlos will die Stadt damit Mahnwache und Kranzniederlegung ergänzen. Wach gerüttelt hat die Inszenierung schon im Vorfeld. Der Sinn des Gedenktags wird engagiert reflektiert. Trägt dazu auch der gewählte Inhalt bei? Bewusst, nicht gedankenlos sagen die Kritiker: Nein! Als Reaktion greift der Verweis auf die Freiheit der Kunst zu kurz. Keiner will das Stück verbieten. Unglücklich erscheinen Datum und Ort. Aber ob das Stück zum Gedenken und zur Aufklärung beiträgt, muss jeder selbst entscheiden. Gedenken kann man nicht erzwingen. Ob die in den Briefen belegte Banalität des Bösen - Hitler als "Popstar", die Frauen als "Groupies" - geeignet ist, der Ungeheuerlichkeit des Holocaust am 9. November zu gedenken? Mich persönlich hat die Publikation nicht erschüttert, vielmehr ungerührt gelassen. Was die Inszenierung bringt, bleibt abzuwarten. bre s.suennen@volksfreund.de

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