Wagner verklemmt

TRIER. Luthers teuflischer Kampf um die Tantiemen sowie andere Denkwürdigkeiten und menschliche Ungereimtheiten sind derzeit in der Trierer Tufa zu sehen. Zum 25. Geburtstag der satirischen Zeitung Katz werden dort Zeichnungen von F.W. Bernstein gezeigt.

"Wir kommen alle alle in den Himmel." Narren wussten es schon immer, und F.W. Bernstein weiß es jetzt auch. Sein "Reigen seliger Geister" frohlockt derzeit in der Trierer Tufa. Wer sich insgeheim Sorgen gemacht hatte, dass es in den himmlischen Gefilden ziemlich langweilig sein könnte - den wird das muntere Völkchen beruhigen, das der Gründervater der Zeitschrift "Pardon" mit Witz und Farbe aufwärts schweben lässt. So eine Art Ringelpietz mit Anfassen veranstalten Engelchen und Teufelchen, Dickmadame und Knasti, Bürger und Edelmann, Narr und Teddybär auf dem Papier.Mitbegründer der "Neuen Frankfurter Schule"

Doch halt: Der Ringelpietz, das ist schon wieder ein anderer Titel und noch ein ziemlich böser dazu. Dabei traut man dem weißhaarigen Herrn mit dem Schnauzbart, der das alles ins Bild gesetzt hat, gar keine Gemeinheiten zu. Doch das täuscht. Zwar hält der Mann, der eigentlich Fritz Weigle heißt und als F.W. Bernstein einer der berühmtesten Karikaturisten der Republik wurde, meist ein angenehmes Gleichgewicht zwischen Witz und Biss, aber er kann auch richtig böse sein. So wie eben bei seinem klerikalen Sex-Reigen "Ringelpietz". Dass am Ende das Vergnügen überwiegt, machen Bernsteins leichte Hand und sein Humor, dem "teutsche" Gedankenschwere abgeht. Übrigens: Nicht nur seiner Zeichnungen wegen ist der Schwabe berühmt. Als Lyriker und Mitbegründer der "Neuen Frankfurter Schule" hat er dem Land der Dichter und Denker auch zu einer Poesie der anderen Art verholfen. Die Schau in der Tufa erlaubt einen ausgiebigen Blick auf den Karikaturisten, der neben seiner Arbeit an "Pardon" und ihrer satirischen Schwester "Titanic" auch jahrelang eine Professur an der Berliner Hochschule der Künste innehatte. Bernsteins satirisches Panoptikum ermöglicht unerwartete Einsichten in Alltagswelt und Hochkultur. Wer sieht, wie Wagner in seinem viel zu kleinen Sofa klemmt, versteht die Albträume seiner Hauptdarsteller. Dass - wie Bernstein bekundet - die männliche Innovationskraft vor allem eine Frage der Hormone sei, wird allerdings öfter vermutet. Das schönste der zum neuen Bild arrangierten Kleinstformate ist "das grüne Strumpfband" im Dünengebirge eines flutenden Frauenkörpers. Vermisst da etwa jemand einen Kopf? bis 30. Oktober, Di. - Fr., 14-17 Uhr, Sa., So., feiertags 11-15 Uhr.

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