Warmer Celloklang und akademische Strenge

Luxemburg · Die bedeutendsten Musiker unserer Zeit gastieren im Rahmen der Konzertreihe "Grands Solistes" in der Luxemburger Philharmonie. Mit dem Cleveland Orchestra/ Ohio unter der Leitung von Franz Welser-Möst und dem norwegischen Spitzencellisten Truls Mørk erlebte das Publikum einen musikalischen Genuss.

Luxemburg. Nicht Homogenität, sondern größtmögliche Abwechslung und Kontrastreichtum sollten den Konzertabend charakterisieren: Auf die vom unverkennbaren Geist der deutschen Romantik erfüllte Ouvertüre "Euryanthe" von Carl Maria von Weber folgte Schostakowitschs rund 130 Jahre später entstandenes Cellokonzert Nr. 1.
Strenge Zurückhaltung


Geschmackvoll und nuancenreich differenzierte der Solist Truls Mørk zwischen rhythmisch-perkussiven, tänzerisch-leichten und kantablen Passagen. Besonders im gesanglichen zweiten Satz und in der ausgedehnten Solokadenz kostete Mørk die Wärme seines Montagnana-Cellos aus und brillierte durch schier unübertreffliche Klanginstensität.
Im Gegensatz zu Mørk, der sich leidenschaftlich in die Musik investierte, zeigte der Maestro eine strenge akademische Zurückhaltung, die sich auch auf das Ausdrucksvermögen des Orchesters übertrug. Zwar beeindruckte vor allem der Streicherapparat durch höchste Präzision und sphärisch-schwebende Pianissimoklänge, jedoch ließ der stille Österreicher Welser-Möst das obere dynamische Spektrum weitgehend unangetastet und verzichtete auf die Möglichkeit, das Werk durch prägnante Artikulationen profilreich zu gestalten.
In der zweiten Konzerthälfte, in der Tschaikowskys mit programmatischem Inhalt aufgeladene Sinfonie Nr. 4 auf dem Programm stand, blühte der als "Anticharismatiker" bezeichnete Welser-Möst auf und bewies, dass er es als Meister des Dirigierhandwerks versteht, die Musiker durch minimalistische Gesten zu perfektem Zusammenspiel zu führen.
Bei aller technischen Präzision wirkte das Orchester klanglich jedoch weniger homogen, als man es von anderen Spitzenorchestern kennt: Während die Holzbläser durch extreme Helligkeit auffielen, wirkten die Blechbläser recht monumental, jedoch selten strahlend.
Dem Streicherapparat fehlte es bei der Sinfonie, vor allem aber auch bei dem als Zugabe dargebrachten Vorspiel zum dritten Akt der Wagner-Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" an Tiefe und Wärme. JL

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