Was ist eigentlich dieses Techno?

Kastellaun · Techno ist nicht gleich Techno. Zwischen den verschiedenen Stilrichtungen, die unter anderem Anfang August bei der Nature One in Kastellaun zu hören sind, gibt es enorme Unterschiede. Und doch findet sich irgendwo der gemeinsame Nenner.

Kastellaun. Mehr als 50 000 vor allem junge Leute verbringen vom 5. bis zum 7. August ihren Abenteuerurlaub im Hunsrück: Dann tauschen sie ihr Zuhause gegen ein Zelt auf einer Wiese, und sie tanzen die ganze Nacht, wenn\'s regnet sogar mit Matsch an den Schuhen: Die Nature One verwandelt die frühere Atomraketenbasis Pydna bei Kastellaun in ein buntes, glitzerndes, verrücktes Abenteuerland. Dazu passt das Motto, das die Veranstalter über die 17. Auflage von Europas größtem Festival für elektronische Tanzmusik geschrieben haben: "Go wild, freak out" (Werd wild, flipp aus).
Elektronische Tanzmusik? Techno, ach so! Diese monotonen lauten Bässe. Uzz-uzz! Wer nichts damit am Hut hat, kann das, was Anfang August wieder auf der Pydna in Kastellaun zu hören sein wird, wahrscheinlich nur so beschreiben. Aber diese Art der Musik ist viel komplexer, als der Nicht-Raver (Rave ist der englischstämmige Begriff für Tanzveranstaltungen mit elektronischer Tanzmusik, der Raver also der Tänzer) es allgemein zu vernehmen vermag.
Techno ist nämlich längst nicht gleich Techno. Techno ist im allgemeinen Sprachgebrauch außerhalb eben dieser Musikszene zum Synonym des Ganzen geworden. Tatsächlich ist Techno aber nur ein einziges Genre aus einer breiten Masse von Stilrichtungen der elektronischen Tanzmusik. Man hört immer wieder von Begriffen wie House, Minimal, Trance oder Hardstyle. Die Materie ist ähnlich kompliziert wie bei der Rockmusik: Rock \'n\' Roll ist kein Metal, Metal kein Alternative-Rock und Punkrock auch kein Hardrock. Alle Stile sind gänzlich verschieden. So auch im Elektro-Bereich.
Allen Stilrichtungen und den vielen Sub-Genres der elektronischen Tanzmusik kann man aber ein gleiches Grundgerüst ansehen. Während beim Rock eben Gitarren und Schlagzeug einfach dazugehören, aber unterschiedlich schnell oder langsam, laut oder leise, verzerrt oder klar gespielt werden können, ist es bei den Rave-Stilen der am Computer durch kurze, tiefe Töne (Bässe) und mittlere bis hohe Töne erzeugte Rhythmus, der bei Stilen wie Hardstyle oder Schranz eben schneller und vor allem härter daherkommt als beim House oder Dance. Das Grundgerüst erinnert eigentlich an ein Schlagzeug mit großer Trommel, die den Bass-Rhythmus als Grundschlag vorgibt und mit Becken und kleiner Trommel über höhere Töne das Ganze dynamischer wirken lässt.
Je nach Stilrichtung verwenden die Produzenten dann auch echte Melodien in ihren Stücken, lassen gegebenenfalls sogar Sänger und Sängerinnen an ihrer Musik mitwirken, oder sie setzen eben nur auf kurze, schnelle, harte Bässe.
Der elektronischen Tanzmusik ist meist die ständige Wiederholung des Rhythmus und dann auch der Melodie-Elemente zugrunde gelegt (in der Musikfachwelt spricht man von repetitiven Arrangements). Lebendig wird die Musik bei den meisten Stilrichtungen durch leichte Veränderungen dieser Elemente und durch eher überraschende Einwürfe neuer Facetten. Jedenfalls liegt den meisten Musiktiteln - vor allem denen großer bekannter DJs - eine aufwendige Komposition zugrunde, auch wenn alles "nur" am Computer erstellt wird.
Jemandem aber den Unterschied zwischen Schranz und Hardstyle oder zwischen House und Dance in Worten korrekt zu erklären, setzt wohl ein eingehendes musikalisches Studium des Erklärenden und des Interessenten voraus - sprich: Der Versuch kann eigentlich nur scheitern.
Da hilft nur eins: sich selbst ein (Klang-)Bild machen - zum Beispiel bei der Nature One. Hier sind nämlich nahezu alle Stilrichtungen vertreten. Aber ein Tipp für "Anfänger": Wer nicht weiß, ob ihm das wirklich harte Zeug zusagt, nicht gleich zu den Hardcore-Gladiators gehen, das schreckt nur ab …
Die 17. Nature One auf der Ex-Raketenbasis Pydna bei Kastellaun im Hunsrück findet von Freitag, 5. August, bis Sonntag, 7. August, statt. Bereits ab Donnerstag, 10 Uhr, hat der Campingplatz geöffnet. Ab 20 Uhr wird dort auch schon beim Mixery-Opening getanzt. Der Vorverkauf läuft bereits. Tageskarten (Freitag oder Samstag) kosten vorab 47 Euro plus Gebühren und 55 Euro an der Abendkasse. Festivaltickets (beide Tage) gibt es im Vorverkauf für 64 Euro plus Gebühren, an der Abendkasse für 74 Euro. Karten gibt es in den TV-Service-Centern in Trier, Bitburg und Wittlich, unter der Tickethotline 0651/7199-996 sowie auf www.volksfreund.de/tickets Infos zum Festival samt Zeitplänen gibt es vorab im Internet: www.nature-one.deSicherheit: Nach der Katastrophe bei der Loveparade im vergangenen Jahr stand und steht der Sicherheitsaspekt bei den Veranstaltern der Nature One wieder im Fokus: "Wir wussten schon vor der Loveparade 2010 und wissen immer noch, dass bei uns die Sicherheit absolut gewährleistet ist. Wir haben alles doppelt und dreifach überprüft", sagt Veranstalter Nic Schär. Auf der Raketenbasis Pydna könne es gar nicht zu einer solchen Situation wie in Duisburg kommen. Es sei ein offenes Gelände mit ausreichend Platz und ohne derartige Engpässe wie dem Todestunnel der Loveparade. Zudem haben die Veranstalter in diesem Jahr den Standort des großen Zelts, des "Century Circus", mit dem des "Classic Terminals" getauscht. Dadurch werde alles noch zusätzlich entzerrt. sve

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