Unterm Strich – Die Kulturwoche Was so alles in die Luft geht

Bruno hieß der kleine, etwas eckig geratene Mann. Bruno stellte sich zunächst sehr tolpatschig an, wurde dann immer zorniger und ging kurz vor Ende zuverlässig wutschnaubend an die Decke. Stets folgte aus dem Off der fröhliche Spruch „Halt, mein Freund, wer wird denn gleich in die Luft gehen?

“ Bruno wurde jedes Mal mit einer Packung Zigaretten zur Ruhe gebracht.

Die Spots kannte in den 60er bis 80er Jahren fast jeder in der Bundesrepublik. Da Rauchen längst nicht mehr „politically correct“ ist, von malträtierten Lungenbläschen ganz zu schweigen, ist Bruno längst aus der Öffentlichkeit verschwunden. In der bewegte er sich von den späten 50ern Jahren an bis 1984, zunächst im Fernsehen (bis 1972), anschließend im Kino. „Diese Werbung ist im historischen Kontext zu sehen und nach den heutigen gesetzlichen Vorschriften nicht mehr zulässig“, beeilte sich eine Sprecherin des Tabakkonzerns BAT zu versichern, zu dem die beworbene Marke „HB“ gehört und an die in diesen Tagen erinnert wird.

Denn Bruno hatte natürlich auch einen Schöpfer, und das war Theo Breidenbach, der jetzt im Alter von 90 Jahren gestorben ist. Der gebürtige Kölner leitete von 1965 bis 1979 die Düsseldorfer Werbeagentur Grey und schuf neben der eingängigen Glimmstengelwerbung auch andere Kampagnen, darunter für BMW, die unter dem Titel „Aus Freude am Fahren“ bekannt wurde – ein Slogan aus jenen paradiesischen Tagen, da noch niemand wusste, dass Autofahren umweltschädlich ist.

Mit der Umwelt beschäftigt sich auch eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie in Berlin-Kreuzberg. „Fazit“ ist ein  künstlerisches Projekt von „realities:united“ überschrieben, das die Künstler und Architekten Jan und Tim Edler ins Leben gerufen haben. Anlässlich des Ausstiegs aus Atom- und Kohlekraft in Deutschland sollen die großen Wärmekraftwerke künstlerisch aufgemotzt und in einem Projekt verbunden werden, das den industriellen, kulturellen und sozialen Wandel thematisiert. Der Plan der Edlers: Noch aktive Kraftwerke sollen in ihrer Endphase so modifiziert werden, dass sie nicht mehr nur Energie und Schad­stoffe produzieren, sondern auch schöne und weithin sichtbare Zeichen: riesige Dampfringe als Symbol und Leitbild dieser Transformation.

Technisch beruht das geplante Vorhaben auf einem physikalischen Effekt, der es erlaubt, aus den chaotischen Dampfschwaden über dem Kraftwerkskühlturm stabile, langlebige Dampfringe zu formen. Dafür will „realities:united“ eine einfache Apparatur in die Kühltürme montieren.

Die Arbeit soll an einem Großteil der 44 infrage kommenden Kohle- und Atomkraftwerken in ganz Deutschland installiert werden. So kann man aus Drecksschleudern Kunstobjekte machen (bis 19. August).

Rainer Nolden /dpa

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