Wechselbäder auf der Chor-Empore

Bitburg · Es gab mal andere, bessere Zeiten für den evangelischen Kirchenchor Bitburg. Mittlerweile ist die Zahl der Sänger deutlich gesunken. Und die Verbliebenen schwanken zwischen trotzigem Weitermachen und resigniertem Rückzug.

 Ein Bild aus besseren Tagen: Der evangelische Kirchenchor Bitburg Mitte der 1990er Jahre bei einem Ausflug in Monschau. Foto: privat

Ein Bild aus besseren Tagen: Der evangelische Kirchenchor Bitburg Mitte der 1990er Jahre bei einem Ausflug in Monschau. Foto: privat

Das Klavier steht unbenutzt in der Ecke. Einstweilen ist den acht älteren Personen, die sich mit ihrem Chorleiter Gottfried Balter im evangelischen Gemeindehaus Bitburg versammelt haben, nicht nach Musizieren zumute. Es geht um Aufgeben oder Weitermachen. Es geht, schlicht gesagt, um die Existenz ihres evangelischen Kirchenchors.

Nach seiner Gründung im Jahr 1980 hatte er sich zunächst positiv entwickelt. "Wir sind zu den Proben gegangen und haben unsere Kinder mitgenommen", sagt eine Sängerin. Ein Zwei-Generationen-Modell, das bestens funktionierte, so lange die Kinder im Elternhaus lebten. Mitte der 1990er Jahre erlebte das Ensemble sogar einen echten Höhepunkt. Knapp 30 waren damals dabei - eine beachtliche Zahl in einer evangelischen Diaspora-Gemeinde wie Bitburg mit entsprechend langen Anfahrtswegen. Danach begann der Abstieg - erst schleichend, dann offensichtlich.

Und der wurde auch vom Jubiläum 2005 nicht mehr gebremst. Nach dem Studium, nach Wegzug, Familiengründung, Berufseinstieg, waren die Jüngeren für den Chor verloren. Endgültig. Ersatz ist bis heute nicht in Sicht.

Ein Chor muss nicht Oratoriengröße haben. "Es gibt genügend reizvolle Literatur für drei Stimmen", sagt Gottfried Balter, der die Bitburger seit 1993 leitet. Der Haken: Pro Stimme sollten vier bis fünf Sänger dabei sein. Macht zusammen zwölf bis 15 Aktive. Zehn sind es derzeit. Eindeutig nicht genug. Selbstverständlich hat man auch geworben, aufgerufen zum Mitmachen, ohne dauerhaften Erfolg.

In der Situation des Bitburger Chors konzentrieren sich die Probleme gemeinsamen Musizierens, ja überhaupt gemeinsamer Aktivität, wie unter einem Brennglas. Die Basis für evangelischen Kirchenchorgesang ist so schlecht nicht; immerhin 1300 Protestanten leben in Bitburg, und die Gemeinde wächst. Es ist das vertrackte Ineinander unterschiedlicher Ansprüche und Befindlichkeiten, das für den Chor zur Existenzfrage wird. Allgemeine Unlust an musikalischer Aktivität kann der Grund für den Niedergang nicht sein - noch nie haben an den Musikschulen so viele junge Menschen musiziert wie gegenwärtig.

Neue Chance mit Projektarbeit?



Auch die oft beklagte Bindungsunwilligkeit Jüngerer ist nur ein vereinzelter Gesichtspunkt. Ein anderer ist die berufliche Belastung gerade der mittleren Generation, ein weiterer die konfessionelle Orientierung des Chors. Selbstverständlich ließe sich das Repertoire ohne Schwierigkeiten erweitern, sozusagen populär machen. Aber das kollidiert mit der evangelischen Musiktradition, in die sich der Chor gestellt hat. Der wichtigste Auftrag soll die Gestaltung des Gottesdienstes bleiben. Ob sich damit neue Sänger gewinnen lassen, ist auch in der kirchlich geprägten Gesprächsrunde ungewiss. "Da vollzieht sich eine Richtungsentscheidung", sagt Gottfried Balter und wirkt dabei nicht gerade glücklich.

Mitten in der resignativen Stimmung gibt es dann doch unversehens eine Idee. Wie wäre es denn mit projektbezogener Arbeit? Zum Beispiel für Weihnachten, Ostern oder andere Festzeiten. Mit einem überschaubaren Programm, klar nach Zahl und Länge definierten Proben und Teilnehmern, die sich zum Projekt anmelden können, aber keine Dauerverpflichtung eingehen. Darüber ließe sich jedenfalls diskutieren, finden alle. Und dann kommt in der kleinen Runde doch wieder so etwas wie Hoffnung auf.

Chor in Kürze

Kirchenchor der evangelischen Gemeinde Bitburg, gegründet 1980, derzeit zehn Mitglieder. Chorleiter: Gottfried Balter. Ansprechpartner: Renate Melching, Telefon 06561/3597, oder das Evangelische Gemeindebüro in Bitburg, Telefon 06561/8687. (mö)

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