Weihnachtsgebäck mit viel Zucker

Trier . (gkl) Zum Advent wollte Generalmusikdirektor István Dénes etwas Besonderes bieten. Viele ließen sich davon ansprechen, wodurch Kompositionen von Bach, Ravel und Ramirez vor einem ausverkauften Haus erklingen konnten.

Ein ausverkauftes Haus hat man für die Sinfoniekonzerte des Philharmonischen Orchesters der Stadt Trier nicht unbedingt häufig. Für das Adventskonzert war dies aber der Fall, obwohl, und das macht die Sache eigentlich um so erstaunlicher, es eigentlich gar rein Programm gab, das den herkömmlichen Vorstellungen entsprach. Ganz im Gegenteil: zum Hauptwerk schickte István Dénes den städtischen Klangkörper in die Pause und beließ neben Theater- und Extrachor nur eine handvoll Musiker auf der Bühne. Zur Aufführung kam die "Misa criolla" von Ariel Ramirez, die Vorgaben der europäischen Tradition der Kirchenmusik mit südamerikanischen Stilen kombiniert. Die Choreinstudierung des Werkes hatte Norbert Schmitz. Sauber erfüllten die Texte der fünf Sätze das große Haus. Gleiches muss man den drei Solisten Annette Johansson (Sopran), Eva-Maria Günschmann (Mezzo) und Tenor Eric Rieger bescheinigen. Wer jedoch einmal diese Messe von südamerikanischen Musikern gehört hat, der merkte schnell, dass hier etwas fehlte. Wo war die im Programmheft erwähnte "lebendige Spiritualität" des Werkes? In Dénes' Interpretation wurde das Publikum eher Zeuge einer europäisch-akademischen Darstellung der Musica sacra Lateinamerikas. Die Eröffnung des Abends wurde mit Bachs Orchestersuite Nr. 3 gestaltet. Von der Besetzung mit Pauken und Trompeten bildet sie eigentlich, zusammen mit der Ouvertüre vier, einen Vulkan an barocker Lebensfreude. Dénes ließ davon nicht viel erahnen. Breit und gemächlich ging er das BWV 1068 an, arbeitete mit teilweise völlig unverständlichen Ritardandi, machte aus dem berühmten zweiten Satz eine zäh fließende Masse. Hier wurde man an Weihnachtsgebäck erinnert, bei dem zu viel Zucker auch den guten Geschmack verdirbt. Der allseits bekannte Melodiebogen mag manchen erfreut haben, mit Bach aber hatte das nichts zu tun. Einziger Lichtblick des Konzertes war Ravels Orchestersuite "Ma Mère l'Oye". Hier waren Dénes und seine Musiker zuhause.

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