Weite Räume

Luxemburg · Eine herrlich leichte Sommerausstellung, die dennoch jede Menge Kunstgenuss und Feinsinn bietet, präsentiert passend zur Jahreszeit das Mudam in Luxemburg. Zu sehen sind Arbeiten von Thea Djordjadze sowie Lutz & Guggisberg.

 Minimalistisch, aber voller innerer Dynamik: Ausschnitt aus Thea Djordjadzes Installation „Out full“ im Mudam. Foto: Remi Villagi

Minimalistisch, aber voller innerer Dynamik: Ausschnitt aus Thea Djordjadzes Installation „Out full“ im Mudam. Foto: Remi Villagi

Luxemburg. Zum Schönsten am Mudam gehört, dass es nicht stumpfsinnig mit der Karawane bewährter großer Namen mittrottet. Anders als im benachbarten Centre Pompidou in Metz (wohin das Mutterhaus in Paris gerne mal sein Magazin auslagert) arbeitet Mudam-Chef Enrico Lunghi seit jeher daran, zeitgenössischem Kunstleben Raum zu geben, um so die Fenster weit in die aktuelle internationale Kunstszene zu öffnen.
Statt auf Wiedererkennung setzen der risikofreudige Lunghi und sein Team auf Neugier und nehmen dabei auch Irritation in Kauf. So kommt nicht nur lebenswichtige Frischluft ins Haus und in die Region. In der kritischen Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Positionen wird der Zuschauer selbst zum aktiven Partner im aktuellen Kunstgeschehen.
An berühmten Namen fehlt es dabei trotzdem nicht. Zu ihnen zählt die georgische Künstlerin Thea Djordjadze. Allein die Ausstellungsbiografie der documenta-Teilnehmerin füllt mehrere Seiten. Die 1971 in Tiflis geborene Künstlerin, die heute in Berlin lebt, ist eine Nachfahrin der "Arte Povera", jener - wie der Name sagt - "armen Kunst", die aus den ganz simplen Dingen der Alltagswelt ihre Requisiten bezieht.
In ihrer aktuellen Installation im Mudam verwendet Djordjadze als Bildmittel schlichte industrielle Eisenrahmen und -gestelle, getünchte Hartfaserplatten, Spiegelglas und Vitrinen. Wie ein riesiges minimalistisches Bild, eine raumgreifende Zeichnung kommt die Arbeit daher, die eindrucksvoll den Raum einbezieht. Auf den ersten Blick mag die Installation karg und spröde erscheinen, dabei ist sie voller innerer Dynamik. Die Spiegelflächen schaffen neue Raumkörper und vervielfältigen die greifbare Wirklichkeit. Die Glasscheiben der Vitrinen, ihre geöffneten Deckel, die leeren Eisengestelle schaffen und fassen imaginäre Räume. Alles Handfeste wird zweifelhaft. "Sein oder Nichtsein" - das ist auch in Djordjadzes Installation die Frage.
Wo Djordjadze wunderbar feinsinnig und still daherkommt, leben einen Raum weiter ihre Kollegen Lutz & Guggisberg munter und in überbordender Bilderfülle ihre Fantasie und ihren bisweilen bissigen Witz aus. Der Kabarettist Andres Lutz und der Musiker Anders Guggisberg bilden seit 1996 ein Duo, das sich als Crossover-Künstler betätigt.
Aus Pop, Poesie und jeder Menge Satire besteht ihr bildkünstlerisches Panoptikum. Dazu kommt ein sicheres Gefühl für Form und Raum. In der Ferne zwinkern die eidgenössischen Kollegen Fischli/Weiss. Auch in Lutz & Guggisbergers Luxemburger "Forest" wächst diese Kunstmischung. Zwischen den bemalten Waldkulissen stehen skurrile Baumstämme. An der Wand lehnen seltsame Suchgeräte. Ein scheinbar schwereloses Gebilde schwebt in der Luft. Dem körperlosen Luftikus stellen sture Felsblöcke ihre massigen Körper entgegen. Wer seine Spielzeugkiste ins Erwachsenenleben gerettet hat und die gut gemachte Verbindung von Komik, Poesie und bösen Buben mag, ist bei Lutz & Guggisberg richtig.
Die Ausstellung ist noch bis 19. Januar zu sehen. Öffnungszeiten: mittwochs bis freitags, 11 bis 20 Uhr, samstags, sonntags und montags 11 bis 18 Uhr. Kontakt: Telefon: 00352/4537851, Homepage: www.mudam.lu
Extra

Yuri Suzukis Installation "Looks like Music" ist vom 3. bis 26. August im Mudam zu sehen: Ein Mini-Roboter, der sowohl eine schwarze Linie wahrnimmt, der er folgt, sowie bunte Querstreifen, die er in Ton umsetzt. Besucher können frei auf Papier malen und so gleichzeitig Musik komponieren. Eröffnung am 2. August, 18 Uhr. red

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