Weltmusik - Weltklasse

Trier · Mit einem intelligenten Programm zwischen Tango und Sinfonie haben der französische Akkordeon-Virtuose Richard Galliano und die Trierer Philharmoniker den Zuhörern einen unvergesslichen Abend beschert.

Weltmusik - Weltklasse
Foto: Dirk Tenbrock (DT) ("TV-Upload Tenbrock"

Trier. Ein großer Coup ist dem Generalmusikdirektor des Trierer Theaters, Victor Puhl, mit der Verpflichtung von Richard Galliano für das jüngste Weltmusik-Konzert gelungen. Der wohl berühmteste Akkordeon-Virtuose der Welt gibt sich mit dem Philharmonischen Orchester der Stadt Trier im restlos ausverkauften Großen Haus die Ehre und reißt die weit über 600 Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hin. Schon seit Jahren war Puhl an dem Musiker dran. Über persönliche Kontakte gelang es schließlich, den Weltstar an die Mosel zu locken. Der Zuschauerandrang war entsprechend groß, zusätzlich zum Trierer sinfonischen Stammpublikum hat Galliano auch in der Region eine riesige Fangemeinde, so dass sogar die morgendliche Generalprobe kurzfristig und flexibel für das Publikum geöffnet wurde. So herrscht denn auch während des Konzertes eine besonders unkonventionelle und lockere Atmosphäre, die sich auf Dirigent, Solisten und Orchester überträgt. Das Programm ist intelligent zusammengestellt, sowohl Gallianos Virtuosität als auch seine Harmonie im Zusammenspiel mit dem (ausschließlich mit 25 Streichern besetzten) Orchester kommt zur Geltung. Dabei setzt Puhl drei programmatische Klammern und baut so einen perfekten musikalischen Spannungsbogen auf: Das Konzert beginnt und endet mit den "Jahreszeiten in Buenos Aires" (Frühling und Herbst) der Bandoneon-Legende (und Mentor Gallianos) Astor Piazzolla (1921-1992), der dereinst den Tango Nuevo begründete. Dazwischen, als zweites und als vorletztes Stück, der Winter und der Sommer aus Vivaldis "Vier Jahreszeiten". Musikalischer Kern des Konzertes vor und nach der Pause sind zwei sinfonische Werke, einmal das "Opale Concerto" in drei Sätzen von Galliano selbst und ein sehr spannungsgeladenes "Concerto per Archi" des Italieners Nino Rota (1911-1979), der auch die Filmmusik zum Kinofilm "Der Pate" komponiert hatte.Richard Galliano zu loben heißt, die sprichwörtlichen Eulen nach Athen tragen: Der Mann ist schlicht der Beste seines Faches. Mit 65 Jahren scheint er - auch körperlich - in der Form seines Lebens, mit voller Konzentration und dennoch spielerischer Leichtigkeit spielt er sich vom Tango über Walzer bis Sinfonie in einen wahren Rausch. Das Publikum seufzt verzückt, schlägt die Hände vor das Gesicht, beugt sich im Sessel vor, um ja keinen Moment zu verpassen. Zum Applaus erheben sich die Zuschauer von ihren Sitzen und feiern Galliano und das Orchester. Hier brillieren Lea Kottner-Entchev an der ersten Geige, Ursula Heckmann am ersten Cello und Fernando Bencomo an der ersten Bratsche. Ein magischer Abend, ein seltener Genuss, eine große Freude, so etwas in Trier erleben zu dürfen!Extra

TV: Monsieur Galliano, wie hat Ihnen die Arbeit in Trier gefallen? Galliano: "Wunderbar, die Stadt hat ein formidables Orchester mit tollen Solisten und einem sehr passionierten Chef. Eine Mischung aus französischer Präzision und argentinischer Leidenschaft! (lacht) Von Probe zu Probe hat es sich entwickelt, und das Konzert war dann exzellent." Ist Ihr Instrument eine Spezialanfertigung? Galliano: "Nein, das ist ein Knopf-Akkordeon, schon über 50 Jahre alt. Sozusagen mit mir verwachsen (lacht). Wie überstehen Sie ein solches Konzert auch physisch? Galliano: "Das Instrument wiegt 13 Kilogramm. Das ist so viel wie 43 Geigen! (lacht) Das hält automatisch fit, ich brauche da kein zusätzliches Training, man muss auf seine Haltung achten, wenn man im Stehen spielt. DT

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