Wenn die Liebe abhanden kommt

Klein, aber fein: Das Trierer Theater bringt den Opern-Einakter "Trouble in Tahiti" von Leonard Bernstein auf die Bühne im ehemaligen Franzosenkino "Forum nuevo". Bei der Premiere am Samstag lernte das Publikum ein kompaktes, spannendes Stück kennen.

 Premiere im Forum nuevo: Joana Casper und Thomas Kiessling in dem Opern-Einakter „Trouble in Tahiti“ . TV-Foto: Friedemann Vetter

Premiere im Forum nuevo: Joana Casper und Thomas Kiessling in dem Opern-Einakter „Trouble in Tahiti“ . TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Es ist eine amerikanische Vorstadt, in der das Haus von Sam und Dinah steht. Aber das, was ihnen passiert, könnte sich überall auf der Welt abspielen: Dem Paar ist, wie es Erich Kästner in einem Gedicht beschrieb, die Liebe einfach abhanden gekommen. Man lebt nebeneinander her, vermeidet Gespräche, geht sich aus dem Weg. Da sind noch vereinzelt Momente, in denen erkennbar wird, dass da einmal Liebe war. Und dass es weh tut zu sehen, wo man gelandet ist. Doch die Chance, etwas zu ändern, nimmt keiner mehr wahr. Andererseits reicht die Kraft auch nicht, um den Zustand der Agonie zu beenden.

Am Ende steht die Verdrängung



Das klingt nach einer Tragödie, aber Leonard Bernstein - der die Oper während seiner Flitterwochen (!) schrieb - hatte eher eine ironische Feldbeobachtung im Sinn. So gibt es neben den Hauptpersonen einen dreiköpfigen "Chor", der die Szenen kommentiert, mit den Idealen des "American way of life" kontrastiert und auch schon mal schnell in die nötigen Nebenrollen schlüpft: ihren Psychiater, seine Sekretärin. Am Ende steht die Verdrängung: Man besucht gemeinsam den Kinofilm "Trouble in Tahiti", um der fälligen Lebensbilanz auszuweichen.

Bernsteins Musik wechselt zwischen jazzigen Tupfern und klassischen Arien, ist mal geradezu sarkastisch und dann wieder bitter ernst. Dirk Erdelkamp und ein achtköpfiges Ensemble der städtischen Philharmoniker bringen die unterschiedlichen Stimmungen souverän und kompakt auf die unkonventionelle, geschickt genutzte Bühne, die sonst als Tanzfläche im "Forum nuevo" fungiert. Das Publikum (Tipp: früh genug kommen, um nicht in der hintersten Reihe zu sitzen) ist nah am Geschehen.

Ein lohnenswerter Theaterabend



So lässt sich die Arbeit der von Regisseur Benedikt Borrmann sorgfältig, handwerklich gekonnt und mit Liebe zum Detail eingestellten Sänger gut beobachten. Äußerst vielversprechend gestaltet sich das Debüt von Claudia-Denise Beck: Ein besonders in der Mittellage klangvoller, technisch gut geführter Mezzo, gepaart mit darstellerischer Verve.

Ihr Widerpart Carlos Aguirre ist ein kraftvoller, die latente Gewalt der Bühnenfigur widerspiegelnder Bariton, der die Zerrissenheit gut herausspielt. An der Wortverständlichkeit ist noch zu arbeiten - was aber generell für die ganze Aufführung gilt.

Das Trio mit Joana Caspar, Thomas Kiessling und Carsten Emmerich ist sängerisch wie choreographisch glänzend aufeinander abgestimmt, liefert einen Chor aus einem Guss. Unterm Strich ein lohnenswertes, aber für einen Theaterabend etwas unvollendetes Opernstündchen.

Weitere Vorstellungen: 19., 22. Oktober; 23., 27., 28. November; 17., 18., 28. Dezember.

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