Wenn du Liebe suchst, wach auf

Trier · Unter so großem Publikumsinteresse, dass zwei Vorführungen nötig wurden, hat der neue Kurzfilm von Achim Wendel „London liegt am Nordpol“ (der TV berichtete) Premiere im Trierer Cinemaxx gefeiert. Einhellige Meinung der begeisterten Zuschauer: Ein beeindruckender Film, der das Thema Ausgrenzung bewegend in Szene setzt.

„Bist du behindert oder was?„, schreit Laura, als Peter sich im Schwimmbecken ins Ballspiel ihrer Clique drängt und versehentlich ihren Ohrring ins Wasser befördert. Ihre unbedachte Formulierung verletzt Peter zutiefst - er ist geistig behindert. Das sieht man ihm nicht an, doch dass er sich „Peter Parker aus London“ (Spiderman) nennt, macht ihn irgendwie anders. Deshalb grenzt Lauras Clique den „Spasti“ aus. Ausgeliefert und verbal hilflos kämpft Peter mit Fäusten, bis er Lauras Ohrring auf dem Beckengrund sieht und tollkühn danach taucht. Dabei fällt er in Ohnmacht und einen Spiderman-Comic-Traum, der ihm vermittelt: „Für Liebe und Anerkennung gibt es kein Zaubermittel!„ Er wacht auf und steht nun, nur als Peter, endlich zu sich selbst.

„London liegt am Nordpol“ erzählt diese Geschichte in Echtzeit, konzentriert auf durchweg bedeutsame Details, mit griffigen Dialogen, Spannung und Dramatik. Vor allem aber mit viel Humor, der das eigentlich traurige Thema zugänglich macht. Getragen wird seine Intensität durch die Leistungen der jugendlichen Laiendarsteller aus der Region, die der aus Trier stammende Kameramann Michael Heinz in beeindruckenden, dicht an den Menschen bleibenden Bildern eingefangen hat. Besonders der tatsächlich geistig behinderte Hauptdarsteller Lukas Krämer ist von überwältigender Präsenz. Zuschauer Frank (48) ging sie so nahe, dass er Gänsehaut bekam. Sein Fazit: „Ein bewegender Film, der einem vor Augen führt, wie unbedarft man durchs Leben geht und wie leicht man Leute ausgrenzt und verletzt“. Auch das jugendliche Publikum ist begeistert, dass und wie das Thema schauspielerisch und künstlerisch umgesetzt wurde. Viele loben die spektakulären Unterwasseraufnahmen aus dem Wittlicher Vitelliusbad. Katharina (17) findet, der Film sei noch gelungener als der preisgekrönte Vorfilm „Pizza Amore“.

Hauptdarstellerin Jana Müller, die Laura sehr authentisch zwischen spröder Abweisung und Ansätzen des Sich-Öffnens verkörpert, hat wie ihre Mitspieler den fertigen Film mit Spannung erwartet: „Wenn man das Drehbuch liest, hat man noch keine Vorstellung wie er wirklich wird“. Sehr zufrieden ist sie, ebenso wie Tim Meter, der nach intensiver gemeinsamer Tauch- und Kampfchoreographie-Schulung als Lukas Gegner antreten musste: „Ich hätte nicht gedacht, dass alles so überzeugend rüberkommt“. Besonders gut „rüber“ bringt der nach dem Drehbuch von Andreas Klee und Achim Wendel entstandene Film auch, was Produzent Benjamin Huber so formuliert: „Harmonie und Teamgefühl waren toll!„ Daran hat der Trierer Verein muts e.V. um Beatrice Bergér und Sandra Karl, die auch Rollen spielen, großen Anteil. Wie das „Making Off“ dokumentiert, hat er alle Jugendlichen in begleitenden Workshops zur intensiven Auseinandersetzung mit Gewalt und Integration bewegt. „Wir haben viel mitgenommen aus diesem Projekt“, sagt Jana.

Der inzwischen mit dem Prädikat wertvoll versehene Film wird nach einer weiteren Premiere am Sitz der Produktionsfirma in Offenburg auf Reise zu Kurzfilmfestivals gehen. Er ist auch als DVD erhältlich. Infos und Kontakt auf www.london-liegt-am-nordpol.de .

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