Wenn Forschung auf Theaterkunst trifft

Trier · Tiefgründiges Forschen - das beschäftigt sowohl Wissenschaftler als auch Künstler. Das Stück "Hans Schleif", das Ende Januar in der Trierer Tuchfabrik aufgeführt wird, verbindet beide Ansätze in einer biografischen Spurensuche auf der Bühne.

 Schauspieler Matthias Neukirch im Stück „Hans Schleif“. Foto: Ralf Bergel

Schauspieler Matthias Neukirch im Stück „Hans Schleif“. Foto: Ralf Bergel

Trier. Der Schauspieler Matthias Neukirch begibt sich in dem Theaterstück "Hans Schleif" auf die Spuren seines Großvaters, der Architekt, Wissenschaftler und ranghohes SS-Mitglied war. Zu sehen ist die Spurensuche demnächst in Trier, am 27. und 28. Januar in der Tuchfabrik. Das Stück ist eine Koproduktion des DeutschenTheaters Berlin und des Instituts für künstlerische Forschung Berlin, Regie führt der 1973 in Wittlich geborene Julian Klein. Er hat Mathematik und Komposition studiert, als Regieassistent am Theater Hannover das Inszenieren gelernt und verbindet heute interdisziplinäre Forschung mit Theaterexperimenten. Mit TV-Mitarbeiterin Anke Emmerling hat er über seine Arbeit gesprochen.
Sie kommen als Regisseur nach Trier, arbeiten aber nicht an einem Theater, sondern am Institut für Künstlerische Forschung Berlin (!KF). Was verbirgt sich dahinter?
Julian Klein: 1997 habe ich die Künstlergruppe "a rose is" mitgegründet, der es um erkenntnis- und forschungsorientierte Projekte ging. Daraus ging dann 2009 die Gründung des !KF hervor - zusammen mit dem Radialsystem V und Mitgliedern der Jungen Akademie an der BBAW und der Leopoldina in Berlin als Forschungseinrichtung außerhalb der Universität. Wir erarbeiten Projekte mit Hochschulen, Künstlern und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. Zum Beispiel haben wir eine Technik erfunden, mit sonifizierten EEG Daten zu musizieren. (Datenelektrische Gehirn-Aktivitäten werden per Elektrode am Kopf gemessen und in Klang übersetzt, Anm. der Redaktion)

Was sind Ihre Ziele?
Klein: Es geht uns um die Frage: Wie kann man über den Weg des künstlerischen Erlebens Dinge experimentell erforschen? Die künstlerische Art zu forschen unterscheidet sich nicht grundsätzlich von den vielen verschiedenen wissenschaftlichen Arten. Es ist aber so, dass in der künstlerischen Forschung der Modus der künstlerischen Erfahrung zum Erkenntnisgewinn beiträgt.
Wie sieht das konkret bei der Theaterproduktion "Hans Schleif, eine Spurensuche" aus?
Klein: Auch sie ist ein Forschungsprojekt. Das Stück beruht auf intensiver Archivrecherche zur Biografie von Hans Schleif. Aber wir sind nicht wie Wissenschaftler, sondern wie Künstler herangegangen. Matthias Neukirch sucht als Enkel von Hans Schleif nach Erkenntnis über seinen Großvater und als Schauspieler nach deren künstlerischer Umsetzung. Gemeinsam haben wir versucht, für das Erschreckende und Erzählenswerte, das wir herausgefunden haben, ein Format zu finden.

Wer war Hans Schleif und was zeigt Ihr Stück von ihm?
Klein: Hans Schleif war Architekt, Archäologe und Bauforscher, sein größtes Projekt war die Grabung in Olympia. Aber er wurde auch SS-Mitglied und verantwortlicher Entscheidungsträger im Wirtschaftsverwaltungshauptamt. Wir fragen uns: Wie kam es zu dieser Veränderung? Je mehr wir wissen, desto größer wird das Rätsel. Auf diesem Weg nehmen wir das Publikum mit. Im Verlauf geht es immer weniger darum, was in der Vergangenheit war, sondern darum, wie wir heute damit umgehen, personifiziert im Enkel Matthias Neukirch. ae
"Hans Schleif, eine Spurensuche" wurde 2011 im Deutschen Theater Berlin uraufgeführt und wird dort noch regelmäßig gezeigt. In der Tufa Trier wird es am Dienstag, 27., und Mittwoch, 28. Januar, gespielt (20 Uhr); Karten: TV-Service-Center Trier.

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