Wer hat denn schon wieder die ganzen Unterhosen aufgekauft?

In der griechischen Tragödie war der Chor Volkes Stimme. In Luxemburg hat man sich jetzt auf die alte Tradition besonnen. Zum Auftakt der neuen Ausstellung "Don't worry, be curious", (Fürchtet euch nicht, seid neugierig) machte ein Mecker-Chor vor dem Haus allem Luft, was den großherzoglichen Untertanen so stinkt. Weitere Aufklärung bietet die Kunst im Haus.

 Hereinspaziert und neugierig sein – so lautet zurzeit das Motto im Casino Luxemburg. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Hereinspaziert und neugierig sein – so lautet zurzeit das Motto im Casino Luxemburg. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Luxemburg. (er) Von Flexibilität und Mobilität sang der Chor, von endlosen Staus, Auto-Machos, dem allmorgendlichen "Gesabbel" im Radio und fehlender Schallisolierung in den eigenen vier Wänden. Man hörte und fühlte sich gleich wie zuhause. Ein Aufruf zum Wachsein, zur kritischen Vernunft und der Neugier auf Neues ist die neue Schau im Casino. Und dabei geht es mit Tiefgang phantasievoll, witzig und natürlich international zu.

Was mittlerweise zur Tradition des Hauses gehört: Zu Wort kommt einmal mehr die im Kunstbetrieb sonst eher unterrepräsentierte Kunst aus dem Baltikum, Osteuropa und Skandinavien. Man braucht neben Englisch-Kenntnissen viel Zeit für die vorwiegend aus Videos und Filmen bestehende Ausstellung. Der Aufwand lohnt sich freilich. Unter den Videos und Filmen sind einige sehr eindrucksvolle Beiträge, so wie "Rana" von Petra Bauer. Die Schwedin erzählt darin die Geschichte einer mit ihren Eltern nach Schweden ausgewanderten 13-jährigen Muslimin, die nach islamischem Recht einen 18-jährigen Libanesen heiratet, schwanger wird und damit genauso wie ihr Mann mit dem Gesetz ihres Einwanderungslandes in Konflikt gerät. Eine Art künstlerischer Selbstversuch zum Thema Toleranz ist Colonel und Khaled D.Ramadams autobiografische Arbeit. Anspruchsvoll ist auch der Film der Finnin Anu Pennan, in der sich Jugendliche verschiedener Länder vor dem Hintergrund von Natur und urbaner Stadtlandschaft begegnen.

Zu Wort kommen im Casino zudem soziale Randgruppen. Richtig schön wird die Schau durch ihre witzigen Projekte. Schwarzen Humor beweist Pascal Lièvre. Passend zur Begrifflichkeit hat der Franzose George W. Bushs "Achse des Bösen" als schnulzige Seifenoper inszeniert. Völker vereinigt euch im Jammern über die ausverkauften Lieblingsunterhosen, heißt die Botschaft in Kochta Kalleinens und Tellervo Kalleinens weltumspannendem Klagelied. Stina Fisch aus Luxemburg, die das Zeug zur Cartoonistin hat, nimmt den allgegenwärtigen Sicherheitswahn aufs Korn. Ihre "Terror"-Warnung aus bunten aufblasbaren Plastikbuchstaben sieht eher nach Kindergeburtstag aus. Und Nachbars Waldi entpuppt sich glatt als Selbstmord-Attentäter.

Die Ausstellung im Casino Luxemburg, 41 rue Notre-Dame, ist geöffnet bis zum 14. September, jeweils montags, mittwochs und freitags von 11 bis 19, donnerstags von 11 bis 20 sowie samstags, sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr, dienstags geschlossen. Infos unter Telefon 00352-225045 oder unter www.casino-luxemburg.lu

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort