Wider eine Verramschung

SAARBRÜCKEN. Der Kreisverband Saarbrücken-Stadt hat bekannt gegeben, dass man bereit ist, das Kulturdezernat in der Landeshauptstadt zu opfern. Ein Meuchelmord an der eigenen Gesinnung aus Spargründen?

So also sieht es aus, das Ende einer unruhmreichen Kette. Die CDU-Landesregierung kann im Ressort Kultur die wohl mickrigste Erfolgs-Quote der gesamten ersten Amtszeit von Peter Müller vorweisen. Will man da noch was retten? Oder gilt: Und ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt es sich ganz ungeniert? Man hat sie noch im Ohr, die polemischen Anstrengungen, die die CDU-Stadtratsfraktion unternahm, um 1995 just dieses Dezernat zu erhalten. Damals, als die SPD-Mehrheit den ungeliebten Parteigenossen Rainer Silkenbeumer als Kulturdezernenten abschießen wollte. Die vor Jahren von der CDU (und zahlreichen Kulturschaffenden) ins Feld geführten Argumente zum Erhalt sind nicht verjährt. Das zentrale lautet: Ein Dezernat sichert einem Politikfeld - hier der Kultur - eine verlässliche, kompetente und gewichtige Vertretung, in der Öffentlichkeit ebenso wie im Rathaus.Die Lokomotiv-Funktion der Landeshauptstadt

Was so viel bedeutet: Der Kultur wächst Autorität, Macht und Prestige zu, auch wenn es um Etat-Verhandlungen geht. Und: Die Kulturpolitik einer Landeshauptstadt hat Lokomotiv-Funktion für das gesamte kulturelle Niveau im Land. Sie zieht andere Kommunen mit Impulsen nach vorn und stachelt zur Konkurrenz an. Das wäre der Idealfall unter gesunden Finanz-Verhältnissen. Letztere sind längst dahin. Der Saarbrücker Normalfall sieht anders aus. So wüst, dass Besitzstands-Diskussionen nach dem Motto "Die Kultur ist unantastbar" peinlich bis zur Dummheit wirken. Nein, die Kultur besitzt keinen Schonraum, wenn generelle Organisations- und Verwaltungs-Reformen oder Spar-Runden anstehen. Die CDU hat also Recht: Auch das Kulturdezernat ist nicht tabu. Zumal es sich seit längerem nicht in Bestform darstellt. Eine quälende Finanz-Strangulation, aber auch Amts-Müdigkeit schwächten das einst unter Rainer Silkenbeumer ideenstrotzende Dezernat. Nun soll auch noch eine Kultur- und Veranstaltungs-GmbH Haupt-Gestaltungsfelder übernehmen, beispielsweise die "Perspectives" und das Max-Ophüls-Filmfestival. Was liegt da näher als die Auflösung des verbleibenden Kultur-Schrumpf-Reservates? Die institutionellen Rudimente des jetzigen Dezernates wie Stadtbibliothek, Zoo oder Filmhaus bringt man dann auch noch flugs irgendwo unter - nach dem Willen der CDU beim Oberbürgermeister. Doch genauso darf es eben nicht laufen, nach der Verramschungs-Mechanik eines Ausverkaufs. Damit erklärte dann nämlich die CDU endgültig ihren kulturpolitischen Bankrott. Dabei wäre in Saarbrücken das Blatt durchaus nochmal zu wenden, könnte die CDU vielleicht doch noch zeigen, dass sie die Kultur-Bestände der Ex-SPD-Regierung nicht nur mitschleppt, sondern sie als Herz-Stück eines attraktiven Bundeslandes neu ausformt. In der Debatte um eine Maßstab setzende Organisations-Form für die Saarbrücker Kulturpolitik wäre dabei Profil zu entwickeln.Gute Ideen - verzweifelt gesucht

Tatsächlich ist nicht maßgebend, ob die Institution, die Kultur managt und vertritt, Dezernat heißt. Sondern wie massiv die kulturpolitische Richtlinien-Kompetenz in die Verwaltung und die Stadt hineinwirkt. Dafür müssen Formen gefunden werden. Als "Chefsache" bei einem OB hat sie nicht per se Gewicht. Und die angedachte Konstruktion einer riesigen, von einem Marketing-Fachmann gelenkten Event-Holding gibt bislang kaum Anlass zu Optimismus. Wenn also die CDU das Dezernat abschaffen will, dann muss ihr neues Modell schlagend sein. Auf die Ideen darf man gespannt sein.

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