Wiedergelesen – Lieblingsbücher: Jeff Lindsay: Des Todes dunkler Bruder

Trier · Er ist einer von den Guten – eigentlich. Dexter Morgan macht Blutanalysen für die Polizei von Miami. Er sieht gut aus, ist ordentlich, höflich, bringt den Kollegen Donuts mit ins Büro. Nachts allerdings, da übernimmt sein innerer Begleiter, der dunkle Passagier, das Steuer: Dann killt Dexter böse Jungs, zerlegt sie fein säuberlich mit dem Skalpell und versenkt sie in Müllsäcken im Sumpf. Ein Pfad, auf den ihn sein Adoptivvater Harry gebracht hat – um den mordlustigen Spross vorm Knast zu bewahren. Diesem Pfad folgt Dexter – bis plötzlich ein zweiter Killer seines Schlags auftaucht und ihn zum Kampf herausfordert.

Dexter, das sympathische Monster

"Des Todes dunkler Bruder" von US-Autor Jeff Lindsay ist der Auftakt zur sechsteiligen Dexter-Reihe, auf der auch die gleichnamige Fernsehserie basiert. Der Reiz des Romans liegt nicht in der spannend erzählten Krimigeschichte. Vielmehr ist es die Teilhabe am völlig verkorksten Innenleben eines Serienmörders, der bei der Jagd nach Killern ständig Gefahr läuft, der Welt sein eigenes finsteres Ich zu zeigen. Und das ist wirklich finster, die Story ist gespickt mit blutigen Details - trotzdem mordet sich Dexter ins Herz des Lesers. Das liegt an seiner lakonisch-flapsigen Art, dem Sprachwitz, dem tiefschwarzen Humor. Aber auch an den herrlich verrückten Nebencharakteren - etwa Dexters übelgelaunter Polizistenschwester Debbie oder Alibi-Freundin Rita, an denen der emotionslose Todeskünstler sein zur Tarnung mühsam antrainiertes menschliches Verhalten austestet. Der Leser spürt: Dexter ist zwar ein Monster - aber ein sympathisches. Für manchen wohl eine erschreckende Erkenntnis - aber auf jeden Fall ein Mordsspaß!Christa Weber

Jeff Lindsay: Des Todes dunkler Bruder, Knaur Taschenbuch Verlag, 2005, 352 Seiten, 8,99 Euro

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