Außerdem läuft es in der Liebe super. Urlaub an der Ostsee gemacht, Traumfrau am Strand getroffen, wie ein Blitzschlag, ab in die Dünen ... und dann ist ein Kind unterwegs. Wie soll das alles nur werden, wenn die Arbeitsstelle doch unsicher ist und das Geld für die junge Familie nie reicht - trotz aller Sparversuche, hilfreicher Freunde und Verwandter? In diese Lage geraten ganz normale Leute heute genauso wie vor mehr als 80 Jahren. Zu jener Zeit spielt "Kleiner Mann, was nun?", der Roman, der den Autor Hans Fallada weltberühmt machte. Weil er überall verstanden wird. Und es lohnt sich, darin zu schmökern. Eine moderne, direkte Sprache, Dialoge, trocken, humorvoll, wohlplatziert: Das ist die Stärke des Autors, der beschreibt, wie Millionen kleiner Männer und Frauen kurz vor dem schicksalhaften Jahr 1933 tickten. Und der deutlich macht, wie obrigkeitlich das System aus Politik und Wirtschaft in der Weimarer Republik funktionierte. Es erklärt mitunter auch, was diese fragile erste deutsche Demokratie, trotz transnationaler Vernetzung durch Handel und globale mediale Kultur, in die Klauen der Nazis trieb. Trotzdem ist die Erzählung über Johannes Pinneberg, seine Frau Lämmchen und den kleinen Horst, genannt Murkel, eine Liebesgeschichte, die Hoffnung keimen lässt - selbst als es ganz düster wird. Spannend auch die Rezeptionsgeschichte des Romans: Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten durfte er weiter verkauft werden, eine Passage vom tumben SA-Schlägertypen wurde in jener Zeit aber zensiert. Nach 1945 gab es sehenswerte Verfilmungen in der DDR und in der Bundesrepublik. Und Hans Fallada, zeitlebens suchend und schwankend in seinen Werten und kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an den Folgen seiner Drogen- und Trunksucht gestorben, ist einer der großen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Oliver Haustein-Teßmer Hans Fallada: Kleiner Mann, was nun? Rowohlt TB, 9,99 Euro, ISBN 978-3-499-10001-7 Weitere TV-Kolumnen gibt es auf <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/kolumne" class="more" text="www.volksfreund.de/kolumne"%>