Wiedersehen macht Freude

Gerolstein · Kölscher Rock in voller Halle: Beim seit Monaten ausverkauften Auftritt im Lokschuppen in Gerolstein haben 2000 Fans die Kölschrocker von Bap gefeiert - und besonders Sänger Wolfgang Niedecken, der nach überstandenem Schlaganfall wieder auf der Bühne stand und rockte wie eh und je.

 Rocken wie eh und je: Bap mit (von links) Helmut Krumminga, Wolfgang Niedecken und Anne de Wolff. TV-Foto: Mario Hübner

Rocken wie eh und je: Bap mit (von links) Helmut Krumminga, Wolfgang Niedecken und Anne de Wolff. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein. Klar waren sie auch da: die Mädels in der ersten Reihe. Oder sagen wir besser Damen, denn das Durchschnittsalter an diesem Abend im Lokschuppen lag deutlich über 40. Textsicher sangen sie die gut zwei Dutzend Lieder Zeile für Zeile mit, jubelten, tanzten, schunkelten und kuschelten mit ihrem Nebenmann. Ein gewohntes Bild bei Bap.
Gespräch, Bier und Kippe


Genau wie dieses: Zwei Jungs, kurz vor 50, lehnen am Tresen am hinteren Ende der Halle. Das Päckchen Schwarzer Krauser lugt aus der Brusttasche der Jeansjacke, in der einen Hand ein Becher Bier, in der anderen die Selbstgedrehte. Sie reden über den Job, die letzte Tour mit dem 40-Tonner. Und sie schwelgen in schönen Erinnerungen an frühere Konzerte - hervorgerufen durch Songs wie "Jupp", "Kristallnaach" oder natürlich "Verdamp lang her". Auch sie textsicher, aber das lassen sie nur an besonderen Stellen aufblitzen. Das Gespräch, das Bier, die Kippe, die gute Atmosphäre im zur Eventlocation umfunktionierten Lok-Werkstatt. All das mindestens genau so gut und wichtig wie die Musik da vorne. Was nicht heißt, dass sie das Treiben auf der Bühne nicht honorieren. Aber eben "Halv so wild" wie Niedecken und Co. es in ihrem ersten Lied betonen. Oder wie, nennen wir ihn Gerd, es sagt: "Hauptsache, er steht wieder auf der Bühne."
Er, der unangefochtene Leader, das - von den vergangenen Wochen und Monaten gezeichnete, deutlich ergraute - Gesicht der Band: Wolfgang Niedecken.
Aber er steht wieder oben, in Turnschuhen, Jeans, mit Baskenmütze auf dem Kopf, Gitarre in der Hand und erzählt auf Kölsch seine Geschichten - wie seit drei Dutzend Jahren. Er ist wieder da!
Auftakt zur Deutschland-Tour


Genau das ist das prägende Gefühl an diesem Abend im voll besetzten Lokschuppen, wo sich Bap bereits für vergangenen November angekündigt hatte - als Auftakt ihrer aktuellen Deutschland-Tour. Doch dann der Schlaganfall und die Ungewissheit, ob Niedecken wieder gesund wird, die Band überhaupt bestehen bleibt. Der frenetische Jubel beim Betreten der Bühne: deutliches Zeichen der riesengroßen Erleichterung und Euphorie.
Es geht weiter, wir werden zwar alle etwas grauer, aber wir bleiben noch ein bisschen zusammen.
Ihr da oben, wir hier unten. Wiedersehen macht bekanntlich Freude - manchmal sogar ganz doll.
Und so besingen sie zusammen das Teufelsweib "Rita", ziehen gemeinsam über den "Clodwigplatz", beschwören "All die Aureblecke".
Überhaupt spielt die Gruppe beim fast dreistündigen Auftritt mehr als ein Drittel der Songs von der neuen Scheibe. An diesem Abend muss Bap kein Best-of-Konzert geben, um die Stimmung hochzuhalten.

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