"Wir werden in Trier bleiben"

Trier · Viele Musikfreunde in der Region werden den Sommer 2018 als tiefe Zäsur erleben. Dann beendet Victor Puhl seine Tätigkeit als Generalmusikdirektor in Trier. Sein Vertrag mit der Stadt wurde auf eigenen Wunsch nicht verlängert.

 Er geht und bleibt doch: Generalmusikdirektor Victor Puhl verlässt das Theater Trier, bleibt der Stadt selbst aber treu. Gelegentliche Gastauftritte schließt er nicht aus. TV-Foto: Martin Möller

Er geht und bleibt doch: Generalmusikdirektor Victor Puhl verlässt das Theater Trier, bleibt der Stadt selbst aber treu. Gelegentliche Gastauftritte schließt er nicht aus. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Dr. Möller (mö) ("TV-Upload Dr. M?ller"

Trier. Im Gespräch mit unserem Mitarbeiter Martin Möller verrät Victor Puhl (51) etwas von seinen Plänen danach. Das Wichtigste: Puhl und seine Frau bleiben in Trier.Herr Puhl, Sie stammen aus einer angesehenen Familie in Metz.Puhl: Das ist wahr, ja. Meine Familie war in Metz sehr bekannt, und ich hatte das Glück, früh zur Musik zu kommen. Ich wurde auch immer von meiner Familie unterstützt in meinem Wunsch, Dirigent zu werden. Mit 13 Jahren habe ich mit dem Dirigierstudium begonnen und damals zum ersten Mal ein Orchester dirigiert - es war in Bouzonville bei Metz. Marguerite Puhl-Demange wurde 1979 in Trier und Saarbrücken mit dem Peter-Wust-Preis ausgezeichnet. Sie habe sich, heißt es, "verdient gemacht haben um die Erhellung menschlichen Daseins aus christlichem Verstehen".Puhl: Marguerite Puhl-Demange war meine Mutter. Sie war Direktorin der Tagezeitung Le Ré publicain Lorrain. An die Preisverleihung kann ich mich nicht mehr erinnern, aber meine Mutter hat sehr viele Kontakte nach Deutschland und nach Luxemburg gehabt. Sie hat sich sehr engagiert für gute Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich. Es gab eine Zeit, in der die Zusammenarbeit zwischen den Orchestern in Trier und Metz sehr gut klappte. Das hat sich geändert. Warum?Puhl: Die Zusammenarbeit ist heute viel teurer. Außerdem ist es schwierig geworden, die Termine miteinander abzustimmen. Das Metzer Orchester macht sein Programm sehr viel früher als wir. Aber wir haben zu Beginn meiner Tätigkeit das "Concert Mosella" hinbekommen. Es war damals ein Riesenprojekt mit viel Papierkram. Ich bin immer noch mit Metz im Gespräch und hoffe, dass wir kommende Spielzeit noch einmal ein Kooperationsprojekt zustande bringen.Herr Puhl, ich möchte mit Ihnen sprechen über Ihre Absichten für die Zeit bis zu Ihrem Ausscheiden im Sommer 2018, aber auch über die Zeit danach. Warum hören Sie auf?Puhl: Das ist ein ganz normaler Prozess. Nach zehn Jahren guter Arbeit mit einem Orchester und in einem Theater sollte ein Wechsel stattfinden. Das Orchester braucht neue Impulse, um sich weiterzuentwickeln. Unabhängig von der Situation im Theater, die nicht einfach war, habe ich mich entschieden, den Vertrag nicht zu verlängern. Meine Frau und ich haben beschlossen, in Trier zu bleiben. Ich freue mich auch, wenn ich mehr Zeit für meine Familie habe. Sie waren vor Ihrer Trierer Zeit Kapellmeister am Theater Zwickau-Plauen. Als französischer Musiker in Deutschland zu arbeiten bedeutet ganz sicher auch, sich in einem Spannungsfeld zu bewegen - sprachlich, in der Programmauswahl, im Interpretationsstil. Was haben Sie in solch einem Spannungsfeld erlebt?Puhl: Ja, das war ein Problem. Ich wurde in Frankreich und in Amerika ausgebildet. Als ich dann im Jahr 1995 Generalmusikdirektor in Potsdam wurde, musste ich die deutsche Spielweise erst einmal verstehen. Auch heute noch liegt mir das französische und amerikanische Repertoire mehr. Brahms beispielsweise war für mich richtig schwierig. Jetzt fange ich an, seine Musik zu verstehen und sogar zu genießen. Das hat mich viel Arbeit gekostet. Sie haben mit Ihren Konzerten großen Erfolg beim Trierer Publikum. Gibt es ein Rezept dafür?Puhl: Ich habe leise angefangen. Ich habe nicht gesagt, ich bin besser als meine Vorgänger und jetzt wird alles anders. Das hat das Publikum gemocht. Künstlerisch habe ich immer auf die Balance zwischen Traditionellem und Neuentdeckungen geachtet. Ich habe mich bei der Aufstellung der Programme dabei sehr stark auf mein künstlerisches Gefühl verlassen. Die Erfindung mit der "Weltmusik" stammt nicht von mir. Die habe ich während meiner Studienzeit in Amerika kennengelernt. Ich habe diese Idee mitgebracht und in Trier umgesetzt.Ihr größter Erfolg in Trier?Puhl: Mahlers Zweite letztes Jahr war großartig. Und die "Weltmusik"-Reihe ist ein Riesenerfolg und macht mir auch ganz persönlich viel Spaß. Ihre schwierigste Zeit in Trier?Puhl: Es waren die letzten zwei Jahre. Ich war unglücklich, weil die Zusammenarbeit mit dem neuen Intendanten nicht funktionierte. Es gab überhaupt keine Kontinuität. Ich hoffe, dass wir jetzt das Publikum wieder gewinnen können. Wir müssen den Leuten unsere Produktionen wieder nahebringen. Das ist das Wichtigste, nicht die Konflikte der Vergangenheit.Wie geht es mit Ihnen als Dirigent weiter?Puhl: Ich habe schon einige Gespräche geführt, zum Beispiel für eine Musiktheater-Produktion in Koblenz 2018. Den Kontakt zum Trierer Theater möchte ich gerne behalten, und wenn Interesse besteht, dirigiere ich gerne auch in Zukunft einige Weltmusik-Konzerte. Außerdem würde ich gerne meine Erfahrungen an junge Dirigenten weitergeben. Auch als Gastdirigent arbeite ich gerne weiter.Im Sommer stehen für Sie zwei wichtige Projekte an, nämlich "Porta hoch drei" und das "Philharmonische Picknick". Können sie uns das erklären?Puhl: Das Konzert innerhalb der "Porta hoch drei" findet am 18. Juni 2017 statt und heißt "Musicult". Es ist ein Theaterprojekt mit Musical und Operette quer durch die Bank mit Ensemblemitgliedern des Theaters. Am 7. Juli gibt das Orchester ein Konzert wie im vergangenen Jahr, das "Philharmonische Picknick an der Porta" - mit klassischer Musik, Opernarien und Filmmusik. Der Eintritt ist frei, jeder kann Decken oder Sitzgelegenheiten mitbringen - und natürlich auch einige Flaschen schönen Moselwein.Eine Frage an den Menschen Victor Puhl: Ihr schönstes Erlebnis mit den Menschen in Trier?Puhl: Man kann sich in dieser Stadt geborgen fühlen. Meine Frau und ich haben viele Freunde in Trier gefunden und meine Beziehungen zu ihnen sind sehr intensiv. Es dauert in Trier ein bisschen, aber wenn man die richtigen Leute gefunden hat, dann hat man Freunde fürs Leben gewonnen. Diese Freunde und das Publikum haben mir in den letzten Jahren sehr geholfen. mö

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