Wir wollen doch Hoffnung geben

Trier · Im Gedenkjahr zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges gewähren Schauspielerin Cornelia Niemann und Karin Bienek vom Laterna magica Ensemble illuminago besondere Einblicke in Geschichte.

 Erzählen von Butterpolonaisen und Kartoffelbrotgeist: Cornelia Niemann (links) und Karin Bienek. TV-Foto: Stefanie Braun

Erzählen von Butterpolonaisen und Kartoffelbrotgeist: Cornelia Niemann (links) und Karin Bienek. TV-Foto: Stefanie Braun

Trier. Mütterlich lächelnd hängt die Frau Geheimrat mit rotweißem Absperrband verzierte Lorbeerkränze im Salon auf und winkt dabei die Lichtbildprojektionen ihres Zimmerfräuleins Katrin durch. "Nein, das nicht. Wir wollen doch Hoffnung geben", sagt sie beim Anblick eines Leichenfeldes.
Es sind die leblosen Körper von Dutzenden gefallenen Soldaten, die der Erste Weltkrieg auf allen Seiten gefordert hat. Zuviel Wahrheit steckt in diesem Bild. Ebenso in den Schriften von Rosa Luxemburg oder den Originalbriefen einer Lazarettschwester oder eines jungen Soldaten, der bis vor wenigen Wochen noch die Schulbank gedrückt hatte. Auch die passen nicht in den Salonabend; man will doch zum Hoffen anregen und zum Spenden von Wolle. Immerhin möchte man auch daheim Opfer bringen und für die sterbenden Männer an der Front Socken für den sibirischen Winter stricken. Eindrucksvoll erzählen die beiden Frauen ein düsteres Kapitel der Geschichte aus einer ganz anderen Perspektive. Aus der der daheimgebliebenen bürgerlichen Damen, die sich zur Nationenerhaltung Lichtbilder und dazugehörige Projektionen ausgeliehen haben. Lange, bevor es Dias und Filme gab, wurden schon Lichtbilder gezeigt und dazu gehörige Texte vorgetragen. Bilder von Soldaten an der Front sollten eine Nation zusammenhalten, die unter den Kriegsleiden auseinanderzubrechen drohte.
Die originalen Bilder und Texte aus der Zeit führten nun Bienek und Niemann in ihrem Stück "In Treue Fest" vor, erzählen dabei ganz beiläufig von Butterpolonaisen und dem Kartoffelbrotgeist, der im "Kleinen Kriegskochbuch" festgehalten werden sollte. Mittels eines Projektors von etwa 1900 werfen die beiden Frauen Zeugnisse des Ersten Weltkrieges vor den knapp 30 Zuschauern des großen Saals der Tufa an die Projektionswand.
Denen bleibt am Ende ein beklemmender, bittersüßer Einblick in das Lebensgefühl dieser Frauen, die sich hilflos an den zweifellosen Glauben an ihr Vaterland klammern. Es geht ums Durchhalten. Egal wie.Extra

Wie haben sie die Lichtbilder und Texte zusammengefügt? Niemann: Es gibt innerhalb der Show zwei Bildserien, zu denen wir auch die kompletten Originaltexte vorliegen hatten. Das sind die Herzstücke der Show. So wie es Filme gab, so gab es Lichtbildershows, die schon zu Beginn des Weltkrieges zusammengestellt und vorgeführt wurden. Bienek: Einen Teil der Bilder hatten wir schon, ich habe dann 2012/13 angefangen nach mehr Bildern zu suchen. Sie werden zum Beispiel in Antiquitätenläden oder auch Auktionen verkauft oder auch auf Ebay. Warum diese Zeit aus der Sicht von Salondamen? Niemann: Ich kam darauf, weil die Shows staatserhaltend sind, also eine sehr bürgerliche Sache. Es gab natürlich auch pazifistische und sozialistische Stimmen in der Zeit, aber das war nicht offiziell, es gab ja eine Zensur. Wir wollten zeigen, wie das gute Bürgertum gedacht hat, eine Zeitreise sozusagen. Wir bringen ja auch Alltag mit rein, wie die Kochrezepte. Bienek: Ich finde es mal eine andere Sicht als über Schlachten und Kriegsentscheidungen. Wir wollten gucken, was es für Haltungen und Empfindungen in den Texten gibt, weil uns das so fremd ist. Geschichte wird interessanter, wenn sie an Menschen anknüpft. Wie sehen Sie Ihren Beitrag zum Gedenkjahr? Niemann: Wir wollten zeigen, wie es zu Hause aussah, an der Heimatfront. Diese Shows waren ja gedacht dafür, dass die Menschen sehen konnten, wie es an der Front ist - oder zumindest offiziell wirken sollte. Bienek: Ich hoffe, dass es anregt, bestimmte Sachen noch einmal nachzulesen. Für mich war der Erste Weltkrieg am Anfang ein einziges Chaos, weil es so viel ist und hier sieht man einen Ausschnitt, den man ein bisschen besser begreifen kann als dieses große Ding. sbra

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