Wo Kunstdünger drauf steht, ist Kunst drin

Trier · Vier künstlerische Positionen präsentieren die éditions trèves in ihrer Jahresausstellung in der Tufa.. Zu drei Trierer Künstlern gesellt sich grenzüberschreitend der Luxemburger Rafael Springer. Eine schöne und interessante Schau.

 Martina Diederich vor einem ihrer Gemälde in der Tufa. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Martina Diederich vor einem ihrer Gemälde in der Tufa. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. Ein buntes Völkchen ist in Triers Fußgängerzone unterwegs. Einkaufstouristen, Ausflügler und Kulturbeflissene bevölkern die Straßen. Eine Mischung aus Konsum und Sightseeing ist angesagt und natürlich jede Menge Spaß. Martina Diederich hat all die Shopper und Ausflügler ins Bild gesetzt, und zwar so, dass man sich ihrem Anblick nicht entziehen kann. Als breite Front kommen sie dem Besucher entgegen. Am besten man mischt sich gleich selbst darunter.
Die Trierer Malerin überzeugt seit langem durch ihre oft großformatigen lebendigen Gemälde. Schon geraume Zeit nimmt sie mit feiner Ironie den ganz normalen Wahnsinn des menschlichen Alltags aufs Korn. "Wo laufen sie denn?", scheinen auch die mit Ferngläsern bewaffneten Damen und Herren auf einem Längsformat wie weiland Loriots Rennbahnbesucher zu fragen.
Martina Diederichs Gesellschaftskritik wird malerisch überzeugend und augenzwinkernd vorgetragen. Die Trierer Künstlerin stellt derzeit mit drei weiteren Kollegen in der Jahresausstellung der éditions trèves aus. Eine grenzüberschreitende Schau, die in diesem Jahr qualitätvoll und spannungsreich ist, präsentiert sie doch vier ganz unterschiedliche Positionen.
Aus Luxemburg ist Rafael Springer dabei. Seine großformatigen Monotypien nach Art von Werbeplakaten haben eine Zeit lang die Luxemburger Litfasssäulen geziert. Ausdrucksstark und voller Elan sind Springers Szenen aus der schönen bunten Welt der Werbung und der Konsumgüter. Freilich bleibt der Eindruck zwiespältig. Die Sicherheit der Werbebotschaft löst sich auf in zerfließenden Formen, die glatte Oberfläche wird mürbe durch Geste und Pinselstrich. Hier wird hintersinnig mit Hilfe der Kunst entlarvt, dass es sich bei der augenscheinlichen Werbungswirklichkeit um ein Kunstprodukt handelt.
Der Altmeister unter den versammelten Künstlern ist Manfred Freitag. Der Staats- und Ramboux-Preisträger hat in der klassischen Moderne seinen Ort gefunden, gleichwohl nicht als Alterssitz. Formal klassisch, aber inhaltlich aktuell und mit dem Blick nach vorne kommt er daher. Was einmal mehr seine Materialbilder belegen, in die er Kunstdüngersäcke und ihre chinesischen Schriftzeichen zu Assemblagen einer globalen Welt zusammenfügt.
Christian Hans ist der Vierte im Bunde und der einzige Fotokünstler. Vor allem überzeugen seine abstrakten Schwarz-Weiß Arbeiten. Auch sie verweisen auf Bewährtes wie die Bauhaus-Fotografie. Gleichwohl gelingt es Hans, aus der Tradition ganze eigene neue Bilder zu schaffen. Seine Kompositionen aus geometrischen Formen, aus Licht und Schatten, sind fotokünstlerisch ausgesprochen reizvoll.
Bis 25. September; geöffnet Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag, 14 bis 17 Uhr, Donnerstag 17 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 15 Uhr, Telefon 0651/718 -2412.

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